Ein Fall für Körner

UBS Ulrich Körner, der Intimus von Konzernchef Oswald Grübel, leitet jenen Teil der Grossbank, den der Stellenabbau am meisten trifft. Handelszeitung, 25. August 2011

Ulrich Körner lässt keinen kalt. „Ein Supertyp“, sagt ein ehemaliger Weggefährte über das UBS-Konzernleitungsmitglied und den Doktor der Wirtschaft, der im nächsten Jahr 50 Jahre alt wird. „Ein Macho mit Hang zum Empire-Building“, meint eine Quelle bei der Credit Suisse, wo Körner den Grossteil seiner Karriere gemacht hatte, bevor er 2009 Chef des Corporate Center der UBS wurde.

Die Meinungen über ihn mögen auseinandergehen. Eines ist jedoch sicher-Körner ist für sein Unternehmen wichtiger denn je. Die UBS steht nach ihrer Rettung vor dem Subprime-Absturz erneut vor einer entscheidenden Weichenstellung. Sie reagiert derzeit noch ohne ersichtliches Konzept mit einer Hauruck-Stellenabbauübung. Diese Woche kündigte die Grossbank an, global 3500 Jobs zu streichen. Damit will sie jährlich 2 Milliarden Franken an Kosten einsparen. Körner muss dazu den Löwenanteil beisteuern.

Grübels Chance

Als zentraler Stabschef, dem Personal, IT, Finanzen, Immobilien und weitere interne Dienstleistungen unterstehen, verantwortet er den wichtigsten Kostenblock bei der Grossbank. Noch mehr Anpassungen dürften am Investorentag im November folgen, wenn die UBS sagen will, wie es mit ihrer „One Bank“-Strategie weitergehen soll.

Die Bank streicht Körners Rolle beim Sparen selbst heraus. Als die UBS 2008 über 20 Milliarden Franken Verlust erlitten und die Führung ausgewechselt hatte, trat Körner ein erstes Mal scharf auf die Bremse. „Von den über 3 Milliarden Franken, die wir seit 2008 einsparten, stammt ein grosser Teil aus dem Corporate Center“, sagt Sprecher Michael Willi. Körners Leistungsausweis sei „ausgezeichnet“. Bei der jetzt angelaufenen Sparrunde sei Körner erneut gefordert, sagt Willi. Rund 1500 der jetzt einzusparenden Stellen würden auf seinen Bereich entfallen.

Sparen und Reorganisieren liegt Körner jedoch im Blut. Der Deutsche mit Schweizer Pass dissertierte an der Universität St. Gallen und verdiente sich seine Sporen bei der Revisionsgesellschaft PricewaterhouseCoopers. Danach trimmte er sich bei der Strategieberaterin McKinsey. Ende der 1990er-Jahre wechselte der Finanzspezialist zur CS. Zum richtigen Zeitpunkt, wie sich zeigen sollte. Mit Lukas Mühlemann und Thomas Wellauer hatten bei der CS um die Jahrtausendwende zwei McKinsey-Leute das Sagen. Sie stellten hemdsärmlige Banker wie den heutigen UBS-Chef Oswald Grübel kalt und zogen an deren Stelle McKinsey-Männer wie Körner nach.

Als das CS-Schiff unter Mühlemann und Wellauer nach Grossverlusten bei der Versicherungstochter Winterthur, einer gescheiterten Expansion in der Vermögensverwaltung und einer missglückten Übernahme im Investment Banking auf Grund gelaufen war, wurde Grübel im Sommer 2002 als Nothelfer aus der Pension geholt. Überraschend gab Grübel Körner eine Chance trotz dessen Vergangenheit bei McKinsey. Grübel hält bekanntermassen nicht viel vom Beratungskonzern.

Körners Job lautete, die Vermögensverwaltung der CS neu aufzubauen. Das habe er hervorragend gemacht, heisst es aus CS-Kreisen. Als Erstes habeKörner die kostspielige und unrentable Ausweitung des Retailsegments ins benachbarte Ausland gestoppt. Danach habe er die Vermögensverwaltung in die beiden klassischen Kategorien Retail für die Durchschnittskunden und Private Banking für die Vermögenden segmentiert.

Einer, der mit Körner bei der CS an leitender Stelle tätig war, ist Thomas Amstutz, heute Chef des Hedgefonds Absolute Investment Services. „Ulrich Körner weiss, dass nicht alles, was auf dem Papier von Beratern toll aussieht, in der Realität funktioniert“, begründet Amstutz Körners Erfolg in der damaligen CS-Phase, die für die Zukunft der Bank entscheidend war. Für Amstutz ist Körner damit eine Ausnahmeerscheinung unter McKinsey-Leuten. Diese seien normalerweise analytisch hoch begabt, nähmen sich aber nicht die Mühe zu verstehen, wie das Geschäft wirklich laufe.

Schlechtere Noten bekommt Körner in der Branche für seinen nächsten Auftrag: Nach der Sanierung der Vermögensverwaltung wurde er Chef des wichtigen Schweiz-Geschäfts der CS. Dort habe er die Stäbe aufgebläht und für sich eine eigene Organisation geschaffen, statt mit den übrigen Sparten kollegial zusammenzuarbeiten, beurteilt ein CS-Kadermann jene Phase in Körners Karriere. Er habe sich ein eigenes „Königreich“ zimmern wollen, deshalb habe er seinen Schweiz-Bereich als Bank in der Bank geführt und sei zu keinerlei Kompromissen bereit gewesen. Dazu wollte Körner auf Anfrage nicht Stellung nehmen.

Taube Ohren

Ein Freund Körners aus jener Zeit sieht das anders. In seiner Funktion als Schweiz-Chef habe Körner saubere Prozesse erarbeitet und sei damit sogar zum Kandidaten für die anstehende Grübel-Nachfolge avanciert. Das sahen aber offenbar Körners Chefs ganz anderes. Statt den Deutschen im Frühling 2007 zum Chef der CS-Gruppe zu küren, arbeiteten sie im Stillen auf dessen Absetzung als Schweiz-Chef hin. Dazu heuerten sie Hans-Ulrich Meister an, ein langjähriges UBS-Schlachtross, der im Herbst 2007 unter Protest von Bord der Grossbank gegangen war.

Meister sollte Körners Stabsdienste zerschlagen und das Schweizer Geschäft, das am meisten Personal beschäftigte und als Einzelmarkt den stabilsten Gewinnbeitrag lieferte, als loyales Mitglied in den Konzernverbund einbinden. Statt Alleingang Teamplay, statt Königreich Satellitenstaat: Die Order von oben stiess bei Körner zuvor auf taube Ohren. Dieser sei damals aber nicht einfach abserviert worden, sagt eine CS-Quelle. Im Gegenteil, man habe den geplanten Führungswechsel zu Meister mit Körner besprochen und für diesen Alternativen gesucht. Als globaler Stabschef sollte Körner die zentralen Dienste der Gruppe koordinieren und Kosten sparen.

Mädchen für alles?

Das war Körner entweder zu wenig, oder aber er wollte den erzwungenen Wechsel nicht akzeptieren. Jedenfalls winkte Körner ab, ging im Sommer 2008 überraschend von Bord, kurz bevor Meister das Steuer übernahm, und tauchte ein paar Monate später bei der UBS im Spitzenteam auf-ironischerweise in jener Funktion, die er auch bei der CS hätte haben können.

Die Episode könnte auf eine sture und selbstherrliche Persönlichkeit hindeuten. Tatsächlich geben vor allem Körners Charakter und seine persönlichen Eigenschaften zu reden, weniger die anerkanntermassen grossen fachlichen Fähigkeiten. Sowohl bei Freunden als auch bei Widersachern eilt Körner der Ruf voraus, ein schwieriger Mensch zu sein. „Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn“, so ein CS-Mann. Körner polarisiere, meint auch ein UBS-Kadermann, der Körner seit gut zwei Jahren aus der Nähe erlebt. Er sage meist nicht viel, sei dann aber sehr direkt. Wer ihn kenne, könne damit umgehen. „Umgekehrt fühlt man sich von ihm vor den Kopf gestossen.“

In UBS-Kaderkreisen geht noch eine andere Version um. Nämlich, dass KörnerGrübels Mädchen für alles sei. Egal, was dieser fordert-ob im Grossen den Abbau von Tausenden von Stellen oder im Kleinen den Frühlingsputz seines Dienst-Mercedes-,stets stehe Körner dem Chef zu Diensten. Auch hierzu wollte sichKörner nicht äussern. UBS-Sprecher Michael Willi zeichnet derweil das Bild eines Managers, der hinter jeder Kostenübung nicht nur Zahlen sehe, sondern auch die betroffenen Menschen. Ihm liege viel daran, alle Ausgaben zu optimieren und nicht einfach nur die Personalkosten zu reduzieren. Körner habe beispielsweise die Aufwände für Drittparteien bei der UBS deutlich reduziert.

Im Widerspruch stehen die grosszügigen Abbaukonditionen für die höheren Ränge bei der Grossbank. Erst nach einem sechsmonatigen Coaching und einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist landen höhere Kader auch tatsächlich auf der Strasse. „Wäre die Bank hier sparsamer, müsste sie gar nicht erst so viele Mitarbeiter entlassen“, kritisiert ein Zürcher Banker.


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