CS-Mitarbeiter: Zeuge gegen andere Banken

US-Justizbehörden verhafteten den Kundenberater C. B. der Credit Suisse. SonntagsZeitung, 20. Februar 2011

C. B.* flog vor rund zwei Wochen für Kundenbesuche in die USA. Bei der Einreise wurde der Direktor der Grossbank Credit Suisse (CS) verhaftet. Seither wird der gebürtige Grieche und langjährige Vermögensverwalter mit Arbeitsort in Zürich von den USA einvernommen.

C. B. darf das Land nicht verlassen. Er ist vorerst nicht angeklagt, sondern gilt als «material witness» – als «ausschlaggebender Zeuge» – für die Ermittlungen gegen Banken und Mitarbeiter. Die USA vermuten, diese hätten Amerikanern geholfen, Steuern zu hinterziehen. Den Betroffenen drohen Gefängnisstrafen bis zu fünf Jahren. Ein CS-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab. Auch ein Sprecher der US-Justizbehörden schrieb, die USA würden «keinen Kommentar» abgeben. Die Verhaftung des Familienvaters mit Wohnort im Kanton Zürich wurde der SonntagsZeitung von mehreren Ex-Geschäftskollegen bestätigt, die C. B. aus gemeinsamer Tätigkeit bei dessen früherer Arbeitgeberin UBS kennen.

Die CS galt als Nummer zwei im US-Offshore-Geschäft

Ein CS-Manager, der anonym Auskunft gab, betonte, dass C. B. wegen möglicher früherer Verfehlungen bei der UBS zurückgehalten würde, nicht wegen aktueller bei der CS. CS-CEO Brady Dougan antwortete vergangene Woche an der Jahrespressekonferenz auf eine entsprechende Frage, seine Bank hätte «hart gearbeitet, um hoffentlich alle US-Gesetze eingehalten zu haben».

Mit den Zwangsmassnahmen gegen den hochrangigen CS-Banker erreichen die US-Ermittlungen gegen die Schweiz wegen Mithilfe zu Steuerhinterziehung einen neuen Höhepunkt. Sie erinnern an die Verhaftung von UBS-Generaldirektor Martin Liechti vor drei Jahren in Miami, der den Behörden monatelang Red und Antwort stehen musste. Liechtis Hilfe könnte entscheidend gewesen sein, dass die USA die UBS und die Schweiz in die Knie zwingen konnten (s. Kasten). Nun erhoffen sich die USA möglicherweise auch Einblicke in die Praxis der CS mit US-Kunden. Die CS galt nach der UBS als Nummer zwei im US-Offshore-Geschäft.

C. B. ist seit rund zwei Jahrzehnten als Vermögensverwalter in der Schweiz tätig. Er gehörte zum Offshore-Team der UBS, das bis 2008 von Zürich aus US-Kunden betreute.

Noch vor dem Eklat hatte er zur UBS-Tochtergesellschaft Swiss Financial Advisers gewechselt. Diese verfügt über eine US-Lizenz und darf Amerikaner uneingeschränkt betreuen.

Hausdurchsuchung bei der Basler Kantonalbank

Als die UBS im Februar 2009 eine US-Rekordbusse bezahlen und die Schweiz ihr Bankgeheimnis preisgeben musste, heuerte C. B. beim CS-Pendant Private Advisors an. Laut einer CS-Quelle habe ihn die Bank wegen seiner UBS-Vergangenheit genau geprüft.

C. B. ist der vierte Manager, den die USA im Kampf gegen illegale Steuerpraktiken verhafteten. Kurz nach Liechti landete UBS-Whistleblower Bradley Birkenfeld hinter Gittern. Letzten November traf es Renzo Gadola, ein langjähriger Weggefährte von C. B. mit gleichem UBS-Werdegang, der sich selbstständig gemacht hatte. Die USA erwischten ihn in flagranti, als er einem Kunden in Miami empfahl, unversteuertes Geld in der Schweiz zu behalten. Gadola kommt im März vor den Richter.

Mit Gadolas Verhaftung geriet die Basler Kantonalbank (BKB) ins Visier der USA, wo das unversteuerte Geld des US-Kunden lag. Laut einer Basler Quelle, die sich auf einen Manager der Bank beruft, führten Finma-Ermittler kürzlich eine Hausdurchsuchung bei der BKB durch. «Wir bestätigen, dass wir vom Fall Gadola Kenntnis haben und mit der in diesem Zusammenhang erwähnten Bank in Kontakt stehen», sagt ein Finma-Sprecher.

Ein US-Angriff auf die CS oder andere Banken müsste vom Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) bewältigt werden. Wie beim UBS-Fall könnten die USA Tausende von Kundendaten fordern. SIF-Sprecher Mario Tuor sagt auf Anfrage, er sehe nach der UBS «keine Anzeichen» für einen zweiten systematischen Betrugsfall. «Dass es Kundenberater gibt, die Vorschriften missachteten, können wir aber selbstverständlich nicht ausschliessen.»

Kronzeuge Martin Liechti

Der grösste Coup im Fall UBS war die Verhaftung von Martin Liechti im April 2008. Der UBS-Generaldirektor wurde mit seinen Insider-Kenntnissen zum Kronzeugen der USA. Im August 2008 kam er frei. Im November klagten die USA seinen Chef Raoul Weil an. Liechti, 49, arbeitet heute als Berater.


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