Bern verlangte Bankdaten

Staatssekretär Michael Ambühl reist damit nächste Woche nach Washington. SonntagsZeitung, 10. April 2011

In den vergangenen Wochen haben Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und ihr Staats sekretär Michael Ambühl geheime Treffen mit Schweizer Topbankern durchgeführt. Wie die SonntagsZeitung weiss, ging es um die US-Attacken auf Schweizer Banken und Bankmanager wegen deren Schwarzgeldvergangenheit.

Michael Ambühl vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) will die Gespräche weder bestätigen noch dementieren. Laut einem Insider geht es dem obersten Finanzduo auf der politischen Bühne darum, auszuloten, wie weit die Schweiz in Verhandlungen den USA entgegenkommen könnte. Ziel ist ein Ende der US-Vorstösse.

Ambühl wird nächste Woche nach Washington reisen, wie SIF-Sprecher Mario Tuor bestätigt. Offiziell wegen der Währungsfonds-Tagung (IWF). «Ob am Rande Gespräche in Sachen US-Offshore-Geschäft stattfinden, ist noch offen», sagt Tuor.

Den Banken wurde Ambühls Reise mitgeteilt. Sie haben den Auftrag erhalten, der Finanzmarktaufsicht (Finma) bis am Montag ihr US-Offshore-Geschäft zu beziffern. Dieses umfasst Geschäfte mit US-Kunden, die ihre Gelder in der Heimat nicht deklarieren. Eine Anforderung lautet: Wie viele Kundenvermögen hielt eine Bank direkt und wie viel in Form einer Stiftung. Ein Finma-Sprecher wollte die Informationen weder «bestätigen noch dementieren».

Für Martin Naville von der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer ist klar, dass sich Ambühl mit US-Justizbeamten über den Konflikt unterhalten wird. «Dass er dafür möglichst genau den Umfang des Geschäfts kennt, das die Schweizer Banken betrieben haben, scheint mir zweckmässig.»

Zu den betroffenen Banken dürften alle Institute mit US-Offshore-Vergangenheit zählen, darunter die Basler und Zürcher Kantonalbank, die Privatbank Julius Bär, die Sankt Galler Wegelin und die Hyposwiss der St. Galler Kantonalbank. Hinzu kommen wohl Tessiner und welsche Banken.

Die Grossbanken sind Spezialfälle. Die UBS hatte 2009 mit Rekordbusse, Schuldeingeständnis und US-Offshore-Exit eine Klage abgewendet. Nun ist die CS daran, eine Lösung mit den US-Behörden zu suchen, nachdem diese fünf aktuelle und ehemalige CS-Berater angeklagt hatten.

Laut einem Insider steht eine hochkarätige CS-Delegation bereit, in die USA zu reisen. Hintergrund könnte ein bevorstehender Deal mit den USA mit Schuldeingeständnis und Busse sein, mit der die CS unrechtmässig erzielte Gewinne zurückerstatten müsste. Ein CS-Sprecher wollte keine Stellung beziehen. Die CS verweist auf ihren Geschäftsbericht, wonach sie den US-Behörden «bestimmte Angaben» zu früheren «grenzüberschreitenden Private-Banking-Dienstleistungen» für US-Kunden bereitgestellt habe. Das wahrscheinlichste Szenario ist ein CS-Separatfrieden, idealerweise noch vor der anstehenden Generalversammlung Ende April.

Für den Rest des Finanzplatzes soll Ambühl einen Global Deal aushandeln. Bankiervereinigungs-Präsident Patrick Odier sprach diese Woche in der «Handelszeitung» von einer Lösung, die sicherstelle, «dass dieselben Fehler nicht mehr passieren» könnten. Gemeint ist das neue US-Offenlegungs-Programm Fatca, mit dem weltweit alle Banken ihre US-Kunden ab 2013 umfassend den US-Behörden melden müssten. Mit Blick in die Vergangenheit gehöre für die USA zudem die Bestrafung dazu, wenn jemand «etwas Falsches getan» habe, sagte Odier.

Ambühl dürfte den USA das Modell einer Schweizer Abgeltungssteuer schmackhaft machen, vergleichbar mit Deutschland und England. Ein namhafter Schweizer Banker zweifelt aber an Ambühls Erfolgsaussichten. «Sobald die USA die Grössenordnung des US-Offshore-Geschäfts kennen, können sie Einzelinstitute angreifen. Warum sollten sie darauf verzichten, nachdem sie die UBS und bald wohl auch die CS in die Knie gezwungen haben?»

So könnte sich die Schweiz gezwungen sehen, den USA wie im Fall UBS viele Kundendaten herauszugeben. Martin Naville von der Handelskammer glaubt das nicht. «Die Amerikaner wissen, ein zweiter Staatsvertrag à la UBS hat keine Chance im Parlament», sagt er. «Also nehmen sie einzelne Banken und Banker ins Visier und drängen auf eine umfassende Offenlegung für die Zukunft.» Doch auch Naville sieht die Gefahr einer erneuten Datenaktion. «Klar, am liebsten hätten die USA auch die Namen der Steuersünder aus der Vergangenheit.»


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