Zwei Noser-Firmen brauchen Fitnesskur

Der Zürcher FDP-Nationalrat Ruedi Noser bringt sich als Mann der Wirtschaft für die Bundesrats-Ersatzwahlen vom 22. September ins Spiel. Doch in seiner Informatikgruppe verzeichnet er rote Zahlen und kämpft darum, keine Stellen abbauen zu müssen. Handelszeitung, 18. August 2010

Am 4. Oktober 2009 bestieg die Noser-Gruppe mit Sack und Pack die «MSC Fantasia», ein Schiffsungetüm von drei Fussballfeldern Länge und 60 m Höhe. Patron Ruedi Noser, Selfmademan und FDP-Bundesratsaspirant, hatte seinen über 400 Angestellten und deren engsten Angehörigen eine Kreuzfahrt spendiert. Kostenpunkt laut «Sonntags-Blick»: Insgesamt 3 Mio Fr. Der «Jubiläums-Event auf hoher See», wie es im Geschäftsbericht 2009 heisst, riss die Noser-Gruppe indes in die Tiefe. 700000 Fr. Verlust wies das kleine Informatik-Imperium des FDP-Unternehmer-Aushängeschilds aus, im Vorjahr waren es noch über 5 Mio Fr. Gewinn. Der Umsatz sackte um 14% auf 84 Mio Fr. ab.

«Unser Jubiläum fiel in eine konjunkturell schwierige Zeit», sagt Noser. «Aber so ein Fest plant man nicht über Nacht, da steckten drei Jahre Vorarbeit drin. Hätten wir in letzter Sekunde verzichtet, wären die Kosten trotzdem angefallen, dafür hätten wir die Mitarbeiter und ihre Familien enttäuschen müssen.» Das habe er nicht gewollt. Zudem hätten sich die Chefs zuweilen selbst auf hoher See zu Meetings getroffen oder E-Mails durchgeackert.

Der Umsatz ist abgesackt

Viel zu tun hatten in letzter Zeit vor allem die Chefs der wichtigsten Noser-Tochterfirma, der Nexus Telecom, die Produkte rund um Sicherheit und Analyse von Telekomnetzen anbietet. Gemäss der Homepage beschäftigt Nexus über 200 Mitarbeiter. Laut einem Noser-Manager, der das Unternehmen verlassen hat, musste Nexus das Budget zweimal nach unten anpassen. Statt 40 Mio Fr. Umsatz wie 2008 sollen es 2010 noch 27 Mio Fr. sein. Selbst davon sei man noch weit entfernt.

Auf entsprechende Fragen reagiert Ruedi Noser gereizt. Die Probleme würden sich «lediglich auf zwei von mehr als einem Dutzend Bereiche der Gruppe beschränken», sagt er, und verspricht «konsolidiert den gleichen Personalbestand» wie im Vorjahr (siehe «Nachgefragt»).

Laut dem Insider erhält Nexus Telecom die Quittung für schnelles Wachstum. Deals in Kasachstan und anderen Ländern hätten zu hohen Verlusten geführt, versagt habe das Risikomanagement. Statt die Zahlungsmoral der Kunden zu prüfen, habe man fröhlich geliefert. Nach Einschätzung des Ex-Managers ist die Nexus Telecom zum Mühlstein für die Noser-Gruppe geworden, zusammen mit der Berner Bucher + Suter. Diese offeriert Dienstleistern Softwarelösungen für Kontaktcenter-Plattformen.

Dies deckt sich mit Nosers Aussage, sein Unternehmen stecke in zwei Bereichen in Schwierigkeiten. Trotzdem hält er an seinen Führungsteams fest. «Im Geschäft bin ich konservativ und stehe zu meinen Leuten», sagt er.

Firma vom Bruder gegründet

Ruedi Noser stammt aus einfachen Verhältnissen aus dem Glarnerland. Aufgewachsen als eines von fünf Kindern, machte er eine Lehre als Maschinenmechaniker und ein Ingenieurstudium an der Fachhochschule Rapperswil. 1988 wurde er Teilhaber an der damals kleinen, von seinem älteren Bruder Hans gegründeten IT-Firma. Von da an zogen die Brüder ihr Firmen-«Baby» gemeinsam auf, gewannen neue Kunden, stiessen in Wachstumsmärkte vor. Bis 1996 Hans Noser, damals Präsident, den grossen Coup anstrebte. «Mir schwebten Börsengang und Grossfirma vor, mein Bruder wollte als Privatfirma kontrolliert wachsen», sagt Hans Noser. Glücklicherweise habe sich Ruedi durchgesetzt. «Ich bin mir nicht sicher, ob die Noser-Gruppe mit meinem Ansatz noch existieren würde.»

Bis 2003 baute Ruedi Noser, nun Alleininhaber, die Gruppe weiter aus, dann übergab er die operative Führung dem Management und beschränkte sich auf die strategische Marschrichtung. Noser brachte sich verstärkt in der freisinnigen Partei ein, als Vizepräsident auf Landes- und Interims-Präsident auf Zürcher Kantonsstufe. 2004 wurde er in den Nationalrat gewählt.

Trotz des vollen Programms packte Noser ab 2006 nochmals operativ an und sanierte als Übergangspräsident die IT-Firma Esmertec. Als Finanzchef holte er Konrad Hurni, den er aus seiner Zürcher FDP-Zeit kannte. «Böse Zungen könnten behaupten, Ruedi Noser verzettle sich mit all seinen Initiativen», sagt Hurni. «Das sehe ich aber nicht so. Noser unterscheidet haargenau zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem und umgibt sich mit Leuten, die seine Vorgaben umsetzen.» Für Hurni ist klar: «So einer würde dem Bundesrat guttun.»

«Wir haben auf Bestellrückgang reagiert»

Der 49-jährige Unternehmer Ruedi Noser erwartet keinen Stellenabbau in seiner IT-Gruppe.

Der Umsatz Ihrer wichtigsten Tochterfirma Nexus Telecom bricht ein. Wie schlimm ist die Lage?
Ruedi Noser: Zu Einzelfirmen äussere ich mich nicht öffentlich. Richtig ist, dass die Noser-Gruppe 2009 im Unterschied zur Konkurrenz den Personalbestand konstant gehalten hat. Die IT-Branche ist volatil. Es musste abgeschätzt werden, ob der Bestellungsrückgang lediglich auf zeitliche Verschiebungen zurückzuführen oder strukturell bedingt ist. Nun zeigt sich, dass der Rückgang in zwei Bereichen strukturelle Gründe hat. Darauf haben wir reagiert.

Mit Entlassungen? Oder mit einer Restrukturierung mit Firmenverkäufen und -schliessungen?
Noser: In der 25-jährigen Firmengeschichte gab es schon einige steinige Phasen, die wir immer erfolgreich meisterten. Ende 2010 wird die Gruppe konsolidiert den gleichen Personalbestand haben wie Ende 2009.

Liessen Sie Ihren Managern zu viel Freiraum?
Noser: Wir arbeiten als Team gut zusammen, und das Management hat einen sehr guten Leistungsausweis. Da sich die Probleme auf zwei von mehr als einem Dutzend Bereiche beschränken, sehe ich keine Notwendigkeit, unsere Führungskultur zu ändern.


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