Aargauer-Zeitung Serie, Teil 3, zu den neuen Regeln für die Grossbanken und den Schweizer Finanzplatz

UBS und CS geben weiter den Ton an

Artikel als .pdf

Das «TBTF»-Problem, kurz für «Too big to fail», sei faktisch gelöst, verkünden die Experten. Überraschend an deren Vorschlägen ist vor allem ein Zwangswandler-Puffer in Höhe von je 36 Milliarden Franken pro Grossbank, das zum Grundkapital von je 40 Milliarden hinzukommt.

Innovativ ist dabei die Verknüpfung mit einem Grossbanken-Konkurs. Die Wandelobligationen würden in der akuten Krise automatisch zu Eigenkapital, was Zeit für eine geordnete Liquidierung schaffen soll. «An diesen Punkt kommt eine Grossbank nur einmal», fasst ein Kommissionsmitglied den eleganten Mechanismus zusammen. Zu gross, um fallen gelassen zu werden, wäre passé.

Die Zusatz-Milliarden, die von der UBS und der CS verlangt werden, legen nahe, dass deren Aktien an Wert verlieren. Doch das Gegenteil trifft zu. Seit die Expertenkommission am Montag ihre «TBTF»-Vorschläge auf den Tisch gelegt hat, zeigen die Titel nach oben.

Dass die Chefs der beiden Schweizer Grossbanken rasch erklärten, sie würden auf Kapitalerhöhungen verzichten und das Zusatzkapital stattdessen mit zurückbehaltenen zukünftigen Gewinnen lösen, vermag den Höhenflug nur zum Teil begründen. Entscheidender war, dass die internationale Finanzgemeinschaft ganz offensichtlich mit deutlich strengeren Auflagen gerechnet hatte, darunter eine absolute Grössenbeschränkung und sogar, als eigentliches Schreckgespenst einer scharfen Regulierung, eine Zerlegung der Finanzungetüme.

Dass die Experten die Säge nun im Schrank lassen, war allerdings seit langem absehbar. Die Regulatoren wollten die beiden Grossbanken unbedingt mit am Verhandlungstisch haben. Der Konsens sei das Ziel gewesen, begründet ein Kommissionsmitglied diesen Grundsatzentscheid. Denn nun müssten die UBS und die CS die gefundene Lösung mittragen.

Das tun sie – und gar mit einem Lächeln. In keinem anderen Land mit Ausnahme von Island vor der grossen Finanzkrise stellt sich das «TBTF»-Problem so akzentuiert wie in der Schweiz. Die Bilanzsummen von UBS und CS summieren sich immer noch auf das 4,5-Fache des Bruttoinlandprodukts. In den USA kommen alle Grossbanken zusammen nicht einmal auf einmal des BIP.

Das offensichtliche Klumpenrisiko schreit nach viel mehr Eigenkapital für die UBS und die CS als der nun beschlossene Zehntel der risikogewichteten Aktiven. Dort liegt nämlich das Grundübel. Modelle legen fest, wie hoch die Abschreiber auf Kredite und Spekulationen im Extremfall sein können. Wenn die zurückliegende Krise aber eines gezeigt hat, dann, dass vermeintlich sichere Papiere über Nacht zu Schrott werden können. Modelle sind immer nur so gut wie die Kenntnis der Vergangenheit. Sie können aber nie die Zukunft abbilden.

10 Prozent ungewichtetes statt gewichtetes Kernkapital wären eine harte Auflage, mit der absoluten Grösse der Bankbilanzen als Massstab. Aktuell würde dies für die UBS ein Eigenkapital von 150 Milliarden bedingen, und zwar ohne Zwangswandler; bei der CS wären es rund 110 Milliarden Kernkapital. Beide Banken müssten rund das Vierfache ihres heutigen Kapitals auf die Waage bringen, eine Summe, die sie auf dem freien Kapitalmarkt unmöglich beschaffen könnten. Als Folge müssten sich die beiden Grossbanken massiv verkleinern, und das ginge kaum ohne Aufteilung.

Das will die Schweiz offenbar nicht. Sie nimmt lieber das Restrisiko ihrer überdimensionierten «Big babies» in Kauf und hofft, dass das Land auch nächstes Mal am Schlimmsten vorbeischrammt. Helvetia, vertreten durch ihre besten Expertenköpfe, stellt am Ende immer noch das Interesse von UBS und CS an Grösse, Spekulationsgewinnen und Boni über jenes der Bürger. Diese müssten beim nächsten GAU die Zeche zahlen, so wie in Island und aktuell in Irland. Ob die Schweiz finanziell überhaupt über genügend Mittel verfügen würde, ist erst noch ungewiss.

Dass auch das Ausland seine Finanzmultis gross belässt, macht die Sache nicht besser. Trotz Verschärfung behalten die UBS und die CS ihre implizite Staatsgarantie, finanziert durch die Steuerzahler. Das Perverse daran ist, dass das Risiko, dereinst wieder zur Kasse gebeten zu werden, mit jeder aus-bezahlten Bonus-Milliarde für die Bankmanager zunimmt, da dieses Geld in der Krise nicht als Puffer zur Verfügung steht. Statt allein von Null-Dividenden hätte die UBS auch von Null-Boni sprechen können. Doch darauf wartete man vergeblich.


Einen Kommentar schreiben