Spanier setzen auf Schweizer Banken

Noch vor Kurzem schienen die Schweizer Privatbanken schlechte Karten in der Hand zu haben im Kampf der internationalen Finanzplätze. Doch seit es im Euro-Raum kriselt, fliegen ihnen Vermögen aus Spanien und anderen EU-Ländern zu. Diesmal seien die Gelder weiss, so die Banken. Handelszeitung, 7. Juli 2010

Griechenland war das Vorspiel. Dann kam Spanien, und damit geriet der erste grosse Brocken des Euro-Raums in finanzielle Schieflage. Als die Rating-Agenturen die Schuldnerqualität der Iberer reduzierten, musste die Regierung sparen und die Steuern erhöhen.

Exportverbot für Kapital?

Nun befürchten spanische Vermögende noch weitergehende Sanktionen. «Die Politik scheint vor drastischen Massnahmen nicht zurückzuschrecken», sagt Veit de Maddalena, Chef der Zürcher Privatbank Rothschild. «In Spanien mit 20% Arbeitslosigkeit und einem Riesendefizit geht gar die Angst vor Kapitalexportverboten um.»

Zur hausgemachten Misere gesellt sich das Absacken des Euro. Zusammen ergibt sich ein hochexplosives Gemisch für reiche Bürger, darunter viele Unternehmer und Investoren, die ihr stolzes Vermögen oft im eigenen Family Office verwalten lassen.

«Was dagegen unternehmen?», fragen sich viele dieser Grossinvestoren und erhalten als Antwort: «Diversifizieren». «Die Nachfrage aus Spanien ist spürbar, und sie wird noch grösser werden, da bin ich mir sicher», sagt Alexander Siegenthaler, Private-Banking-Chef der Basler Privatbank Sarasin. Gemäss Peter Fanconi, Leiter Private Banking bei der Zürcher Vontobel, machen sich weitere Euro-Bürger Sorgen um ihr Erspartes. «Anfragen von vermögenden Kunden aus finanzschwachen Euro-Ländern haben signifikant zugenommen», sagt Fanconi. «Vermögende aus Spanien, aber auch aus Griechenland und weiteren Euro-Staaten suchen für rund einen Drittel ihres Kapitals Anlagen im Ausland», sagt auch Rothschild-Banker de Maddalena.

Alles weisses Geld, wohlverstanden, wie Sarasin-Banker Siegenthaler beteuert. «Wir stellen schon im ersten Gespräch anhand der Bedürfnisse, die der Kunde formuliert, fest, ob es sich um versteuertes Geld handelt. Wenn nicht, ziehen wir uns zurück. Sich jetzt noch ein Problem mit Schwarzgeld einzuhandeln, wäre wirklich nicht klug.»

Diesmal ehrlich

Dass es sich um «steuerehrliches» Geld handelt, das derzeit aus Spanien und anderen Euro-Ländern, darunter auch Deutschland, wegströmt, entspricht auch der Wahrnehmung von Rothschild-Banker de Maddalena. Die Kunden würden Alternativen suchen, «nicht aus Steuergründen, sondern weil sie langfristig Sicherheit» suchten. «Davon profitiert die Schweiz dank tiefer Verschuldung und dem starken Franken.»

Die Beraterfirma Boston Consulting geht von einem Anstieg von Offshore-Vermögensanlagen ausländischer Kunden bei Schweizer Banken von heute 2100 Mrd Fr. auf 2200 Mrd Fr. in fünf Jahren aus. Damit würde die Schweiz allerdings langsamer wachsen als ausländische Finanzplätze, wo die Offshore-Zunahme jährlich 6% betragen würde.

Grösste Konkurrenten im Wettbewerb um anlagehungrige europäische Vermögen seien die Finanzplätze Luxemburg und London, heisst es bei den angefragten Schweizer Privatbankiers. Weniger gesucht seien die asiatischen Vermögenszentren Singapur und Hongkong. Europäer, die eine Alternative zur Anlage in der Heimat suchten, würden ihr Geld am liebsten in einem Land in der Nähe anlegen, das finanziell und politisch auf gesunden Beinen stehe.

Vontobels Private-Banking-Chef Fanconi erkennt in den momentanen Vermögensverschiebungen keineswegs nur ein Strohfeuer in einer momentanen Krisenlage, sondern eine fundamentale Weichenstellung. «Spanische Privatinvestoren und Unternehmer fällen jetzt Anlageentscheide für die nächsten Jahrzehnte», ist Fanconi überzeugt. «Schweizer Privatbanken, deren Ruf in der Krise unbeschädigt geblieben ist, stehen weit oben in der Gunst.»

Vontobel, Sarasin und Rothschild versuchen den Umstand zu nutzen, dass die beiden Grossbanken an Renommee verloren haben. Die UBS liess langjährige US-Kunden hängen, die CS verärgerte Kleinanleger durch forsche Empfehlungen von Lehman-Produkten. Auch die Genfer Privatbanken gerieten in die Schlagzeilen. So hatten einzelne Institute ihren Image-GAU wegen Madoff-Fonds. Privatbanken ohne solche Flecken im Reinheft segeln derzeit mit mehr Rückenwind in die Zukunft.

Spanien nutzt gestohlene HSBC-Daten

Steuerverfahren Ende Juni gab die spanische Regierung bekannt, sie würde die von einem Ex-Mitarbeiter des Schweizer Ablegers der englisch-asiatischen HSBC gestohlenen Kundendaten für Steuerverfahren gegen eigene Bürger nutzen. Den Betroffenen gab sie Zeit bis letzten Montag, um sich freiwillig anzuzeigen. Ansonsten, so drohten die regierenden Sozialisten, würden die Steuerhinterzieher die volle Härte des Gesetzgebers zu spüren bekommen. Um wie viele spanische Kunden es sich handelt, ist schwer abzuschätzen. Die Genfer HSBC spricht von insgesamt 15000 Namen, die durch den Diebstahl bekannt wurden, Frankreich, das die Daten zuerst erhalten hatte, von beinahe 130000.


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