Schwarzgeld hat schon lange keine Zukunft mehr

Für kleinere und mittlere Banken, die ihr Geschäftsmodell nicht schon umgestellt haben, wird es schwer. SonntagsZeitung, 28. Februar 2010

Die kleine Zürcher Privatbank Lienhardt blickt auf ein Rekordjahr zurück. Das Geschäft mit vermögender Kundschaft brachte zehn Prozent höhere Erträge. Die mittelgrosse Bank Vontobel hat 2009 nur 600 Millionen Franken Neugelder akquiriert. Bei Julius Bär verkleinerte sich der Neugeldzufluss übers Jahr.

Der Auszug der deutschen Kunden trifft die Zürcher Vermögensverwalter am härtesten. Denn der Grossteil der nicht deklarierten Privatvermögen war rund um den Paradeplatz angelegt. Aus Furcht vor einer Anklage legen jetzt viele Deutsche ihre Konten offen. Sie akzeptieren den Verlust von rund einem Drittel ihres Vermögens.

Ob der Rest in Zürich bleibt, ist ungewiss. «Das Schweizer Private Banking erlebt seine epochalste Veränderung und braucht dringend Lösungen für das viele Schwarzgeld», sagt der Schweizer Finanzprofessor Teodoro Cocca von der Universität Linz. «Sonst», so Cocca, «steht das grosse Privatbankensterben an.»

Viele Zürcher Vermögensverwalter machten ihr Geld mit Steuerstrukturen, die sie entweder allein oder mithilfe von Treuhändern in Liechtenstein oder anderen Offshore-Plätzen kreierten. «Nicht alle Stiftungen und Trusts mit Bankkonten in der Schweiz dienten der Steuerumgehung – aber doch wohl die Mehrzahl», sagt Peter Hafter, ehemaliger Partner der Anwaltskanzlei Lenz & Staehelin. Solche Strukturen hätten «natürlich keine Zukunft mehr», ist sich Hafter sicher.

Gemäss Schätzung der Publikation «Wealth Bulletin» hat die Schweiz seit 2008 ein Fünftel der verwalteten Offshore-Vermögen verloren, weniger als Liechtenstein, doch mehr als die englischen Kanalinseln, Monaco und Gibraltar. Viele Gelder aus den USA und der EU seien abgeflossen. Der Gewinn der auf Vermögensverwaltung spezialisierten Schweizer Banken halbierte sich 2008 auf 1,2 Milliarden Franken.

Wer für einen guten Mix sorgt, der wird die Zukunft meistern

Für Christian Rahn von der Zürcher Rahn & Bodmer sind grosse und kleine Vermögensverwalter gefordert. «Lebensgefährlich wird die Lage für Banken, die fast nur Schwarzgeld aus Staaten wie Deutschland verwalten», sagt Rahn. «Wer hingegen für einen guten Mix gesorgt hat, der meistert die Zukunft aus eigener Kraft.» Dass grosse Institute oft schlechter arbeiten, zeigt eine Studie der Beraterfirma Deloitte: Vermögensverwalter, die sich auf die grosse Kundenmasse ausrichteten, waren erfolgreicher als globale Anbieter mit hohen Fixkosten und breiten Produktpaletten.

Für alle Banken gilt: Schwarzgeld hat schon lange keine Zukunft mehr. Das sagt Veit de Maddalena von der Zürcher Rothschild-Bank. «Wer sein Geschäftsmodell erst jetzt dreht, den bestraft die Geschichte.» De Maddalena, ein Ex-Kadermann der CS, prophezeit seiner Branche harte Jahre. «Die Gebühren sinken, die Kosten steigen, die Gewinne schmelzen.»

Christof Reichmuth von der gleichnamigen Luzerner Privatbank will nicht schwarzmalen. «Im Vergleich zu den meisten anderen Staaten steht die Schweiz gut da bei Verschuldung, Infrastruktur, Ausbildung, Rechtssicherheit.» Sie werde «zu einem Einwandererland für Gutausgebildete».


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