Obamas «Swiss Banker»

Robert Wolf, der Americas-Chef der Grossbank, zählt zu den wichtigsten Einflüsterern des US-Präsidenten. Für die UBS sei diese Beziehung des Topbankers kein Vorteil – sagt die Grossbank. Handelszeitung, 8. September 2010

Ende August stand Golf auf dem Programm. Barack Obama lud illustre Gäste auf die Insel Marthas Vineyard südlich von Boston, wohin die Präsidenten der Supermacht in die Sommerfrische fahren.

Früher Supporter Obamas

Neben dem New Yorker Bürgermeister und Milliardär Michael Bloomberg war auch ein hierzulande wenig bekannter Spitzenmann der UBS mit von der Partie. Robert Wolf, 48, Mitglied der obersten Führung und seit 2008 Chef des Nord- und Südamerikageschäfts der Grossbank, begleitete Obama wie letztes Jahr auf der Runde.

Wer ist dieser «Swiss Banker»? Und wie kommt es, dass ein Spitzenmann der UBS zur engsten Entourage des mächtigsten Mannes der Welt gehört? «Wolf war ein früher Supporter von US-Präsident Obama und ist heute dessen Freund», sagt UBS-Sprecher Christoph Meier. Der Bank nütze diese spezielle Beziehung allerdings wenig. «Robert Wolf bespricht mit der Regierung Obama keine UBS-spezifischen Themen, sondern er ist ein WallStreet-Kenner, dessen Erfahrung für die US-Administration wertvoll ist», meint Meier. Fürs US-Lobbying gebe es eine offizielle UBS-Einheit, sagt Meier.

Wie wichtig Wolf für den 44. US-Präsidenten ist, zeigen dessen Aufgaben. Wolf sitzt in Obamas Economic Recovery Advisory Board, einem 16-köpfigen Wirtschaftsbeirat unter Ex-Fed-Chef Paul Volcker, dem neben Wolf nur noch ein Mann aus der Finanzelite angehört.

Wolf war auch dabei, als Obamas künftiger Finanzminister Timothy Geithner im Herbst 2008 einen letzten Ausweg aus der Lehman-Krise suchte. Der UBS-Mann sass mit Vikram Pandit von der Citigroup, JPMorgan-Chef Jamie Dimon, John Mack von Morgan-Stanley und Goldman-Sachs-CEO Lloyd Blankfein am Tisch. Credit-Suisse- und Deutsche-Bank-Vertreter fehlten.

Dass Wolf die UBS-Krise überstand, deutet auf geschicktes Karriereverhalten hin. Der Amerikaner war mitten im Investment Banking der Grossbank, als diese ihren Subprime-Berg auftürmte.

Von der US-Bank Salomon Brothers stiess der junge Wolf 1994 zu den Schweizern, wo er seine Sporen im Obligationenhandel abverdiente. Acht Jahre später, als 40-Jähriger, wurde er Global Head of Fixed Income, also Chef des weltweiten Obligationenhandels.

Schon damals zählte die UBS zu den Wall-Street-Banken mit den grössten Engagements im US-Hypothekenmarkt. Statt direkt in Immobilien zu investieren, vermischten die Finanzriesen die Kredite zu Wertpapieren, verkauften sie und nahmen sie auf die eigenen Bücher.

Das Verbriefungsgeschäft gehörte zu Wolfs Fixed-Income-Bereich. Im Vergleich zu den anderen Investmentbank-Aktivitäten, dem globalen Aktienhandel und dem Firmenberatungsgeschäft gewann dieses ständig an Bedeutung. Parallel dazu wurde auch Wolf immer wichtiger. 2004 erhielt er die Position des obersten operativen Chefs der Investmentbank und rapportierte von da dem legendären John Costas, der die UBS zur neuen Goldman Sachs machen wollte.

Wolf übersteht Köpferollen

Wolf blieb auch Chief Operating Officer der Investmentbank, als Costas 2005 einen UBS-eigenen Hedge-Fonds namens Dillon Read gründete und der Engländer Hew Jenkins auf seinem Stuhl sass. Entgegen der offiziellen UBS-Aussage, dass sich der neue Investmentbankchef auf die Bereiche Aktien und Beratung kümmern und das Verbriefungsgeschäft Costas überlassen würde, eiferte Jenkins seinem Vorgänger nach. Als der überhitzte US-Häusermarkt im Sommer 2007 platzte, sass die UBS auf über 100 Mrd Fr. illiquiden Kreditpapieren.

Das folgende Köpferollen überstand Wolf als grosse Ausnahme ungeschoren. In allen seither publizierten Berichten der UBS und der Bankenaufsicht blieb er unerwähnt. So erstaunlich es klingt: Offenbar liess sich der oberste operative Chef der Investmentbank in der «heissen» Phase von 2004 bis 2007 nichts zuschulden kommen.

Als Costas, Jenkins und weitere UBS-Spitzenmanager ihrem Ende entgegensteuerten, ging Wolfs Stern erst richtig auf. Im Dezember 2006 drückte der damals 44-Jährige einem aufstrebenden Senator aus Illinois seine Visitenkarte in die Hand. Die Rede ist von Barack Obama, der einen Auftritt im Kongresssaal des schillernden Milliardärs George Soros im New Yorker Finanzdistrikt gehabt hatte.

Obama: «Ich rufe Sie an»

Schon am nächsten Tag meldete sich Obama. «Zuletzt sagte Obama: ‹Ich rufe Sie nach den Ferien an›, und ich dachte: Yeah, ja, er wird sich melden», schilderte Wolf den Beginn einer Freundschaft später dem «New York Magazine». Kurz darauf kündigte Obama seine Kandidatur für die US-Präsidentschaftswahlen 2008 an. Mit Wolf als engem Berater zur Seite.

Wolf hatte die US-Demokraten schon vor Obamas Zeit unterstützt. Doch je weiter Obama kam, desto spendabler wurde er. Allein im Wahljahr 2008 spendete er 135000 Dollar. In den sechs Wahljahren zwischen 2000 und 2010 waren es bis heute 358000 Dollar. Damit zählt Wolf nach Aussagen von US-Politbeobachtern zu den grossen Unterstützern der Demokraten.

Das nötige Geld kommt aus der UBS. Dank seiner langen Zeit in Spitzenrängen zählt Wolf zu den Spitzenleuten mit den meisten Optionen und Aktien der Bank. Hinter CEO Oswald Grübel mit Aussicht auf 0,22% Aktienanteil und Asset-Management-Chef John Fraser mit 0,13% liegt Wolf mit 0,11% an dritter Stelle im internen Ranking. Das sind derzeit rund 74 Mio Dollar.

Die Schweizer Banker mit US-Politpower

John Mack Der UBS-Mann Robert Wolf steht einem US-Präsidenten so nah wie seit Langem kein anderer Schweizer Banker. Über sehr gute Beziehungen ins Washingtoner Polit-Establishment verfügte auch John Mack, als er die Investmentbank der Credit Suisse leitete, die er 2004 verlassen musste. Später richtete Mack die auf Abwege geratene US-Investmentbank Morgan Stanley neu aus. Sein Nachfolger bei der CS, der Amerikaner Brady Dougan, wurde 2007 CEO der Grossbank. Von Dougan ist nichts von einer Nähe zu den obersten Politikern der USA bekannt.

Rainer Gut In den 1990er-Jahren waren es Schweizer Banker-Grössen, die ihr Beziehungsnetz in die US-Politik pflegten. So wurden dem langjährigen CS-Präsidenten Rainer Gut besonders enge Bande zu wichtigen Persönlichkeiten der Weltmacht nachgesagt. Es war denn auch Gut zu verdanken, dass die Affäre um die nachrichtenlosen Vermögen 1998 nach einem endlosen Streit mit einem Milliardencheck rasch aus der Welt geschaffen werden konnte.

Hans J. Bär Von vergleichbarem Kaliber war Hans J. Bär, langjähriger Chef der gleichnamigen Zürcher Privatbank. Bär profitierte von seinem breiten Freundeskreis in obersten US-Zirkeln, den er sich zum Teil während seines USA-Aufenthalts geschaffen hatte. In einem «Weltwoche»-Interview warnte Bär bereits 2004 vor der Schweizer Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. «Das können Sie keinem Angelsachsen begreiflich machen», meinte Bär. «Entweder Sie zahlen Steuern oder nicht – etwas dazwischen gibt es nicht.» Die führenden Vertreter des Finanzplatzes schlugen die Warnung in den Wind, Bär wurde Persona non grata.


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