Leonhard Fischer ist zurück im Geschäft

Ehemaliger Winterthur-Chef setzt mit der Privatbank Kleinwort Benson auf Wachstum aus eigener Kraft. SonntagsZeitung, 5. September 2010

Der Deutsche Leonhard «Lenny» Fischer ist eine schillernde Persönlichkeit; eloquent, scharfzüngig und intelligent, ist der 47-jährige Banker gern gesehener Gast in Talkshows und auf Podien. Nun macht seine belgische Beteiligungsgesellschaft RHJ, zu der er 2007 von der CS wechselte, eine strategische Spitzkehre. Nachdem der Kauf von Opel gescheitert ist, wechselt die Gruppe vom Auto- ins Bankgeschäft.

Als Plattform hat RHJ-CEO Fischer vor Jahresfrist eine Bank mit klingendem Namen erworben: die vor über 200 Jahren gegründete englische Handels- und Privatkundenbank Kleinwort Benson. Pikant: Fischer leitete das Institut schon einmal, als dieses noch zur Dresdner Bank gehörte. Kleinwort Benson beschäftigt 700 Angestellte, verwaltet gegen 10 Milliarden Franken Vermögen von Privatkunden und gegen 30 Milliarden in Trusts auf den steuerattraktiven britischen Channel Islands.

Das Londoner Finanzhaus mit langer Tradition zählt sich zu den Merchant-Banken, die sich als Investitionspartner von Unternehmern betrachten. Mit diesem «Back to the roots»-Ansatz will Fischer seine Bankengruppe auf Erfolgskurs bringen. «Das Branchenmotto der vergangenen Jahre war ‹Tonnage›: der grösste Handel, am meisten Advisory-Deals, mehr Assets als die Konkurrenz. Das halten wir für eine Sackgasse», erklärt er. Kunden würden wieder Banken suchen, die sie bei ihren unternehmerischen Vorhaben unterstützen.

Überhaupt begegnet Fischer Modetrends in der Finanzwelt kritisch: «Was Banker in den letzten Jahren innovativ nannten, war in Tat und Wahrheit oft intransparent und teuer für die Kunden.»

Zur RHJ gehören weitere Finanzboutiquen. Übernahmen in der Grössenordnung von Kleinwort Benson seien nicht ausgeschlossen, meint Fischer, hauptsächlich sei aber Wachstum aus eigener Kraft geplant – gegen den Trend, denn viele Finanzunternehmen würden schrumpfen.

Im Wettbewerb um die besten Köpfe nimmt Fischer es mit den Grossen auf. «Wir sind zwar nur eine kleine Bank, wollen aber mit unserem Geschäftsmodell und unserer internationalen Tätigkeit für Spitzenleute attraktiv sein.»


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