Jetzt jagen die USA die Kleinen

Unabhängige Vermögensverwalter bekommen nach der Verhaftung eines Ex-UBS-Bankers Angst. SonntagsZeitung, 19. Dezember 2010

Bei seiner Verhaftung gab sich Renzo Gadola ahnungslos. Es müsse sich um ein Missverständnis halten, meinte der Ex-UBS-Vermögensverwalter, und zeigte seine amerikanische Berater-Lizenz. Ein hoffnungsloser Versuch: Gadola hatte sich in einem mitgeschnittenen Kundengespräch verraten.

Das war vor sechs Wochen. Seither ist nicht nur für den Familienvater eine Welt zusammengebrochen. Viele Kollegen aus vergangenen UBS-Zeiten befürchten das Schlimmste. Gadolas Verhaftung und die kürzlich erfolgte Anklage in Miami sind der Auftakt zur nächsten Angriffswelle der Amerikaner im Kampf gegen die Steuerhinterziehung via Schweizer Bankkonten.

Gadola hat Anklage akzeptiert – und wird wohl auspacken

Nun geht es den Kleinen an den Kragen. Mit der Gadola-Verhaftung landen die USA einen Volltreffer gegen das kaum regulierte Schattenreich der unabhängigen Vermögensverwalter. Der Ex-UBS-Mann kennt Namen und Karrieren seiner Kollegen, die unversteuerte US-Kunden betreuen. Konfrontiert mit Gefängnis bis maximal 5 Jahre dürfte der Banker auspacken. Dass er die Anklage akzeptierte, legt nahe, dass er mit den Ermittlern zusammenarbeitet.

Dabei gilt Renzo Gadola und seine RG Investment Partner AG mit Sitz in Zürich als kleiner Fisch. Bereits 2005 verliess der Vermögensverwalter die UBS-Abteilung und wechselte zur UBS Swiss Financial Advisers mit einer Lizenz für Beratungen in den USA. Anfang 2009 machte sich Gadola mit US-Kunden selbstständig, die ihr Vermögen deklarierten.

Warum Gadola trotzdem in die Falle tappte, hat mit einem Dienst für einen Geschäftsfreund und Ex-UBS-Kollegen zu tun, mit dem er sein Zürcher Büro teilt. Bei der Grossbank war der Kollege Chef eines grossen US-Gebiets und betreute offenbar Kunden mit unversteuerten Geldern. 2003 machte er auf eigene Faust weiter und soll gemäss Gadola-Anklage rund 150 solcher US-Kunden übernommen haben.

Das Geschäftsgebaren dieses Gadola-Partners wirft ein schiefes Licht auf die Branche. Der Zürcher Banker agierte laut den USA als Geldbote für US-Steuersünder und schaffte auf illegalen Wegen Hunderttausende von Dollars physisch ausser Landes, um sie auf Schweizer Konti zu verstecken.

Damit wird erstmals die berüchtigte Methode der Kompensationszahlung detailliert dokumentiert. Der Schweizer Banker soll gemäss Anklage die in den USA schwarz gehaltenen Dollars des einen Kunden einem anderen ausgehändigt und auf den jeweiligen Schweizer Konti die entsprechende «Kompensation» vorgenommen haben.

Eine US-Kundin wurde der Steuerhinterziehung angeklagt

Aufgeschreckt durch die UBS-Affäre entschied sich ein US-Kunde des Zürcher Bankers zur Selbstanzeige. Doch der Vermögensverwalter riet ihm davon ab, nicht zuletzt aus Furcht vor einer Anklage gegen sich selbst.

Anstatt das Vermögen, das er ursprünglich bei der Basler Kantonalbank gehalten hatte, wie gefordert in die USA zu überweisen, bot er ein klärendes Gespräch mit seinem Kollegen Gadola in Miami an. Was die beiden Schweizer nicht wussten: Der Kunde hatte sich bereits bei den Behörden gemeldet und agierte als Lockvogel – mit verstecktem Mikrofon beim Treffen in einem Hotel. Gadola wurde am 8. November verhaftet und wartet in den USA auf seinen Prozess. Sein Anwalt liess Anfragen unbeantwortet.

Auch der Zürcher Banker ging auf Tauchstation. Er kommt in einem weiteren Musterfall ins Spiel, jenem der vermögenden Ex-UBS-Kundin Nancy Upham. Ein Verwandter von Upham wurde kürzlich wegen Mithilfe zu Steuerhinterziehung und illegalen Geldtransfers angeklagt.

Nancy Upham war die Kundin des erwähnten Zürcher Bankers. Deren Vermögen verschob er in eine Scheinstiftung in Hongkong, die ein in der Szene bekannter Treuhänder aufgesetzt hatte. Der Treuhänder galt als einer der wichtigsten Zulieferer des US-Schwarzgeldgeschäfts der UBS.

Die US-Offensive macht deutlich, dass das Kalkül vieler Ex-UBS-Berater, sich mit einem Wechsel zu kleineren Vermögensverwaltern aus der Schusslinie zu nehmen, gescheitert ist. Im Glauben, für die USA zu unbedeutend zu sein, betrieben sie das lukrative Geschäft mit unversteuerten US-Vermögen trotz der Ermittlungen gegen die UBS und dem neuen Schweizer Bankgeheimnis unbeeindruckt weiter.

Nun müssen sie befürchten, als Nächste zur Kasse gebeten zu werden.

Kommentar

  1. Lange war es stil um die Schweiz, wann wird die nächste Steuer CD verkauft?


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