Erste Details zu «Swiss Finish»

Grossbanken könnten an die 20 Milliarden neues Kern-Eigenkapital brauchen. SonntagsZeitung, 26. September 2010

Zwei Wochen nach dem Finanzregelwerk Basel III blicken die Banker nach Bern. Am Dienstag entscheiden die 14 Experten der «Too big to fail»-Kommission über Auflagen für die UBS und die CS. Ziel ist, dass die Schweiz nie mehr für die Risiken der Grossbanken geradezustehen hat.

Die Kommission unter der Leitung von Ex-Finanzverwaltungschef Peter Siegenthaler liefert ihren 100-seitigen Bericht plus Anhänge am Donnerstag ans Finanzdepartement (EFD). Dieses verteilt ihn am Freitag im Bundesrat. Am Montag wird die Öffentlichkeit informiert, heisst es aus dem Departement Merz. Offiziell nimmt das EFD nicht Stellung zum Fahrplan.

Beim wichtigen Kern-Eigenkapital, das hauptsächlich aus Aktienkapital und Reserven besteht, zeichnet sich eine Einigung zwischen den auf Sicherheit bedachten Regulatoren und den auf Grösse fokussierten UBS- und CS-Vertretern bei rund 12 Prozent der risikogewichteten Aktiven ab, ist aus Kommissionskreisen zu vernehmen. Im Unterschied zur absoluten Grösse variieren die risikogewichteten Anlagen nach statistischer Ausfallwahrscheinlichkeit.

Das 12-Prozent-Minimum wirkt nach einem dicken Sonderpolster namens «Swiss Finish». Das für alle Banken weltweit geltende Basel III sieht ab 2019 lediglich 7 Prozent Minimum-Kerneigenkapital vor, dreimal mehr als unter dem laxen Basel II verlangt war. Die UBS und die CS hätten somit 5 Prozent mehr Eigenkapitalpuffer als ihre Konkurrenz aufzubauen. Doch der Zuschlag wirkt rigoroser, als er tatsächlich ist. Keine der globalen Investment- und Universalbanken wird um das regulatorische 7-Prozent-Minimum herum operieren. Die US-Bank Morgan Stanley (MS) geht von einer effektiven Untergrenze von 9,5 Prozent als Welt-Standard aus. Der effektive «Swiss Finish» würde von 5 auf 2,5 Prozent schmelzen.

Das zusätzlich benötigte Eigenkapital der UBS und der CS kann derzeit nur geschätzt werden. Die MS-Analysten beziffern die Kern-Eigenkapitalquoten unter dem verschärften Basel-III-Regime auf 7,8 Prozent bei der CS und auf 10,5 Prozent bei der UBS, beides für das Geschäftsjahr 2012.

Für die CS würde das rund 15 Milliarden Franken neues Kern-Eigenkapital bedeuten, um auf das 12-Prozent-Minium zu kommen. Bei der UBS wären es 5,5 Milliarden. Allerdings will die UBS nach ihrer Krise besonders gut kapitalisiert sein und dürfte ein dickeres Polster anstreben. Sollten die über 20 Milliarden Franken an Eigenkapital nicht durch zukünftige Gewinne aufgebaut werden, wie das die Grossbanken beabsichtigen, stünden sogenannte Contingent Convertibles als neues Kernkapital-Instrument zur Verfügung. Es handelt sich um Spezial-Obligationen, die bei Unterschreitung einer Kapital-Untergrenze in Aktienkapital gewandelt werden.

In den Hintergrund rückt die Leverage Ratio, die Minimal-Kapital in Relation zur absoluten Bilanzgrösse fordert. «Ein völliger Verzicht auf Risikogewichtung würde eine Subventionierung riskanter Geschäfte durch weniger riskante bedeuten, quasi eine Einladung an die Banken, sich auf risikoreiche Geschäfte zu konzentrieren», bestätigt ein Mitglied der Expertenkommission. Die absolute Risikobeschränkung namens Leverage Ratio von heute 3 bis maximal 5 Prozent wird nicht aufgehoben, soll aber auch nicht weiter verschärft werden. Das ist für die Grossbanken zentral. Würden nämlich 10 Prozent Leverage Ratio verlangt, dann müssten die UBS und die CS ihr Eigenkapital mehr als verdreifachen. So viel Kapital könnten sie kaum auftreiben, was sie zur massiven Verkleinerung ihrer Bilanzen zwingen würde. Damit wäre das «Too big to fail»-Problem der Schweiz viel stärker entschärft als durch die nun gewählte Lösung eines «Swiss Finish» mit risikogewichtetem Mindestkapital.


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