Ein Deal rettete UBS-Präsident Kurer

Finma-Präsident Eugen Haltiner half dem Kollegen. SonntagsZeitung, 10. Januar 2010

Zürich Alles begann am 12. November 2008: Damals klagten die USA Raoul Weil an, Nummer drei der Bank. In der UBS-Zentrale brach Panik aus. Die US-Ermittler schrieben von «nicht angeklagten Ko-Konspiratoren» der obersten Führung, die für «juristische, aufsichtsrechtliche, steuerliche, risikopolitische und regulatorische Themen der US-Vermögensverwaltung» zuständig waren.

Die Bezeichnung war dem Chef auf den Leib geschrieben: Peter Kurer, UBS-Präsident und zuvor jahrelang Konzernanwalt. Sollte sich die UBS-Führung weiter gegen die Offenlegung von US-Steuerdelinquenten stellen, drohte Kurer in Amerika eine Anklage.

Laut einem hochrangigen UBS-Kadermann war klar, dass die USA auf die obersten Köpfe schiessen würden, bis sie die verlangten Kundendaten erhielten. «Eine Anklage der Bank war nach dem Kollaps von Lehman Brothers aber viel zu riskant», sagt der Insider. Ab Herbst 2008 stand die Finanzwelt am Abgrund, ein unkontrollierter Untergang der globalen UBS konnte nicht riskiert werden. Eine Beruhigung trat erst Monate später ein.

Von Schützenhilfe für die obersten UBS-Manager statt für die Bank wollen die Verantwortlichen nichts wissen. Eine Anklage gegen die UBS wäre «geeignet, deren Existenz ernsthaft und unmittelbar zu gefährden», begründete die Finanzaufsicht (Finma) ihre Datenherausgabe vom 18. Februar 2009, die das Gericht für rechtswidrig erklärt hat. In einem separaten Bericht sprach die Aufsicht UBS-Präsident Kurer und das Management frei. Es gebe «keine Anzeichen für ein Mitwissen der obersten Organe» für den US-Steuerbetrug. Die Zürcher Staatsanwaltschaft, die kürzlich beschloss, keine strafrechtliche Ermittlungen gegen die UBS-Chefs zu starten, hat den Finma-Bericht berücksichtigt.

Mit ihrer Datenherausgabe hat Finma-Präsident Eugen Haltiner UBS-Präsident Kurer aus der Schusslinie der USA genommen. Haltiner war vor seinem Wechsel an die Finma-Spitze Anfang 2006 Topmanager der UBS. Bei Fragen zur UBS trat Haltiner anfänglich in den Ausstand. Doch als Weil im November 2008 angeklagt wurde und den übrigen Topmanagern persönliche Angriffe drohten, hob die Finma Haltiners Ausstand auf – ausgerechnet und exklusiv fürs Thema US-Steuerfall.

Haltiner lieferte Namen von US-Kunden

Darauf war der Weg frei für Haltiner, mit seinen Ex-Kollegen das Vorgehen abzusprechen. Am 8. Dezember drohten die USA konkret mit einer Anklage. Drei Tage später präsentierte Haltiner dem Finanz- und Justizdepartement sowie Nationalbankpräsident Roth den Ausweg.

In der Folgewoche gab der Bundesrat grünes Licht, die Kundendaten unter Verletzung des Bankgeheimnisses Washington auszuhändigen. Sogleich ermächtigte die Finma die UBS, mit den US-Justizbehörden in Vergleichsverhandlungen zu treten, die eine Datenherausgabe vorsahen.

Der Deal sollte sämtliche Klagen der Amerikaner umfassen. Als sich abzeichnete, dass die USA ihre Zivilklage zur Herausgabe von 52 000 Kundendaten vorantreiben, das sogenannte John Doe Summons, eilte Haltiner wieder zu Hilfe. Er lieferte die Namen von 255 US-Kunden, obwohl ihm bewusst war, dass die nächste Offensive folgen würde.

Die UBS und ihr Präsident Peter Kurer waren gerettet. Die US-Zivilklage musste die Schweiz abwenden. Im August 2009 lieferte sie dazu 4450 Namen von US-Steuerflüchtigen.


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