«Dass der sich so filmen liess»

Mit Ex-Spitzenmanager Mike Bär in der Ausstellung «Wir Manager!». SonntagsZeitung, 7. November 2010

«Wir stehen doch alle unter Druck», sagt Mike Bär, «Manager, Mitarbeiter, Mütter, Schüler – Stress ist überall, mal angenehm, mal unangenehm. Wie wir damit umgehen, ist entscheidend.» Bär, 48 Jahre alt und bis 2004 Spitzenmanager bei der gleichnamigen Privatbank, kommt von der Ausstellung «Wir Manager!» im Kulturzentrum des Modeunternehmens Vögele in Pfäffikon SZ. Vor der Videoinstallation mit barfüssigen Frauen, die im Kreis herumlaufen und sich gegenseitig ihre Spuren im Sand wegwischen, war er von Ausstellungsmacherin Gesa Schneider nach dem Stress «da oben» gefragt worden.

«Die Versager kennt man fast besser als die Erfolgreichen»

Das macht diese Ausstellung wertvoll. «Geglückt ist, wie einzelne Facetten aus dem Manageralltag reflektiert und künstlerisch umgesetzt werden», findet Bär, Gründungspartner eines globalen Vermögensverwalters. Dies geschehe nicht Abzocker-mässig, sondern «subtil-sympathisch».

«Man braucht Zeit, um zu verstehen, was einem die Künstler sagen wollen», meint Bär. Disneys Zauberlehrling-Version, wo Micky Maus den zum Knecht verwandelten Besen nicht mehr kontrolliert, bildet den Einstieg. Es folgt ein Kampfjet-Schleudersitz vor einem TV mit Swissair-Grounding-Szenen, umgeben von einer luftigen «Hall of Fame» mit Apple-Chef Steve Jobs und dem eng gezimmerten Gegenstück «Hall of Shame» mit den UBS-Ospels und anderen Versagern, die man, so Bär, fast besser kennt als die Erfolgreichen.

Den lang gezogenen Ausstellungssaal dominieren Häppchen-Videos. Nicolas Hayek mit behaartem Oberkörper im Swimmingpool – «Dass der sich so filmen liess!» – sinniert über Unternehmertum und wird abgelöst von Schwarzweissszenen aus dem 1990er-Erfolgstheater «Top Dogs» sowie wieselnden Managern, die eine Stadt aus Holz und Karton aufbauen – beliebte Spiele an Offsite-Meetings zur Stärkung von Teamspirit und Eigenverantwortung.

«Das war super, ich fühlte mich gut, dynamisch, gefragt»

Der Ex-Banker erinnert sich an einen Anlass als Konzernleitungsmitglied: «Als ich euphorisiert von drei Tagen Abenteuer in der Wildnis heimkehrte, schaute mich meine Frau entgeistert an. Sie hielt das für Mumpitz.»

Mike Bär sticht ein Bild mit Post-it-Klebern ins Auge: Unter «To-do today» steht sechsmal «Make boss happy», dann erst «Do my work». Eine kurze und eine lange Leiter erinnern an Karrieristen, die bis zur Überforderung nach oben streben.

Anregend findet Bär die Printouts der Wochenagenden zweier Unternehmensführer. Da ist praktisch jede Minute verplant, im einen Fall durch auffällig viele «Internal Meetings».

Bär blickt auf seine eigenen überladenen Tage zurück. «Das war super, ich fühlte mich gut, dynamisch, gefragt.» Kritische Fragen würden sich erst im Nachhinein stellen. «Das war ja zumeist Internes, vieles davon wenig produktiv.» Und oft psychologisch bedingt. «Manager haben eine panische Angst vor Lücken in ihrer Agenda.»

Auf der Galerie sind Plakate mit internen Management-Merksätzen ausgestellt. Ausstellungsmacherin Gesa Schneider berichtet von vielen Absagen. «Weil es ihnen peinlich ist», lacht Mike Bär. Die unzähligen Vorschriften einer Firma wären von aussen betrachtet zum Lachen.

Lustig ist der TV-Reporter im Stil von Italo-Filmemacher Roberto Benigni, der am Paradeplatz und im Zürcher Arbeitervorort Schwamendingen Passanten nach ihrem Managerbild befragt. Da wird klar: Der Manager ist ein unbekanntes Wesen.

Ex-IBM-Manager Peter Quadri hatte die Idee zur Ausstellung, die bis Ende Februar dauert, das Team von Expo.02-Direktor Martin Heller hat sie umgesetzt.


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