SNB: 5,4 Milliarden verloren

Verluste mit «toxischen» Kreditpapieren der Grossbank überschatten Erfolge. SonntagsZeitung, 10. Mai 2009

Selbst eine Institution wie die Schweizerische Nationalbank (SNB), die nach eigenen Worten für die Ewigkeit gebaut ist, muss im Hier und Jetzt abrechnen. Dabei schneidet sie zunehmend schlechter ab, seit sie der UBS letzten Herbst illiquide US-Wertpapiere abnahm, um sie vor dem Untergang zu retten.

Von Januar bis März erlitt der SNB-Stabilisierungsfonds, wo die früheren UBS -Positionen zwecks kontrollierter Entsorgung gelandet sind, einen Nettoverlust von 453 Millionen Franken. Bereits das Vorquartal endete mit einem Minus von 60 Millionen. Dass die Notenbank trotzdem 4,8 Milliarden Gewinn schreibt, verdankt sie allein den Buchgewinnen auf ihrem Gold- und Währungsbestand.

Ein Nettoverlust von gut 500 Millionen scheint auf den ersten Blick verkraftbar. Tatsächlich ist das Minus aber viel grösser. Bevor die SNB erste Verluste mit den UBS-Positionen selbst zu tragen hatte, standen zwei dicke Puffer zur Verfügung. Diese sind inzwischen vollständig aufgebraucht.

Der eine stammte von der UBS , die für die ersten zehn Prozent allfälliger Verluste des Stabilisierungsfonds geradestehen musste. Ausgehend von umgerechnet 43 Milliarden Franken in «Schrottpapieren», welche die Grossbank der SNB inzwischen übergeben durfte, musste die UBS rund 4,3 Milliarden selbst abschreiben und mit frischem Kapital vom Bund ersetzen.

Der zweite Puffer besteht aus einer Option, welche die Retterin SNB auf 100 Millionen UBS -Aktien zum Nennwert hält. Per Ende 2008 bewertete die Notenbank dieses Anrecht mit 607 Millionen Franken. Doch auch diese Reserve war per Ende März 2009 bereits vollständig aufgebraucht, wie die Nationalbank nebenbei mitteilte.

Die beiden Puffer sowie die bisher aufgelaufenen Nettoverluste der SNB summieren sich auf einen Totalausfall von rund 5,4 Milliarden Franken. So stark haben sich die am 15. Oktober 2008 von der UBS übernommenen Papiere innerhalb von lediglich einem halben Jahr entwertet; und das erst noch bei einer konservativen Bewertungsmethode nach Anschaffungs- statt Marktpreisen.

UBS -Altlasten machen ein Fünftel der Aktiven aus

Würde die Nationalbank die Kreditpapiere, von denen ein Grossteil Hypotheken für finanzschwache US-Bürger umfasst, gleich aggressiv verbuchen, wie dies globale Geschäftsbanken in der Vergangenheit taten, beliefen sich die Verluste auf 20 Milliarden Franken oder viermal mehr. Dies geht aus einer Berechnung mit dem aktuellen ABX-Index der Analysefirma Markit hervor.

Laut dem Buchhaltungsexperten Max Boemle setzt das SNB-Direktorium auf die Hoffnung, wonach «die UBS-Papiere zuletzt doch noch einigermassen werthaltig» seien. «Wenn nicht, müsste der Verlust halt aktiviert werden, falls das Eigenkapital nicht ausreicht», sagt Boemle. Den gleichen Trick wählte die SNB in den 70er-Jahren, nachdem sie massive Währungsverluste erlitten hatte.

Gravierender als die buchhalterische Bewältigung ist das Klumpenrisiko «US-Immobilien» in der SNB -Bilanz. Bezogen auf die aktuellen Aktiven, machen die UBS-Altlasten ein Fünftel aus. Wenn die Wirtschaft wieder anzieht und die Nationalbank Liquidität abschöpft, um keine Inflation zu riskieren, sinkt die Bilanzsumme. Ausgehend vom Stand von 2007 mit rund 130 Milliarden Franken, würde der UBS-Rettungsfonds ein Drittel ausmachen. Selbst wenn dessen Umfang sinken wird, bleibt das Engagement gross. Potenziellen Schaden daraus trägt die Schweiz – und nicht der UBS-Aktionär.


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