Kurer hoffte auf Hilfe von oben

UBS zählte im Steuerstreit mit den USA vergebens auf den Bundesrat. SonntagsZeitung, 25. Januar 2009

Der Bundesrat habe rechtliche Optionen geprüft, um den US-Behörden den raschen Zugang auf die Bankdaten von rund 250 amerikanischen UBS-Kunden zu verschaffen, meldeten diese Woche verschiedene Medien. Ein Regierungssprecher dementierte, dass der Bundesrat Notrecht zugunsten der UBS geprüft habe. Gemäss gut unterrichteten Quellen mit Zugang zum innersten Zirkel der Grossbank geht die Diskussion um Notrecht auf einen Hilferuf der Grossbank zurück.

Die US-Behörden sollen der UBS ein Ultimatum bis im Frühling gesetzt haben, um die Namen und Bankdaten von rund 250 Kunden auszuliefern, die des Steuerbetrugs verdächtigt werden. Einige Kunden wehren sich jedoch vor dem zuständigen Bundesverwaltungsgericht dagegen, dass die Schweizer Behörden den Amerikanern in diesem Fall Amtshilfe gewähren.

Verwaltungsrats-Präsident Peter Kurer und CEO Marcel Rohner sollen gemäss gut unterrichteten Quellen zur Erkenntnis gelangt sein, dass wenig Aussicht auf Erfüllung des Amtshilfegesuchs der USA bestehe. Nach Sichtung der fünf bisherigen Rekurse setzt die zuständige zweite Kammer in der Abteilung eins des Bundesverwaltungsgerichts offenbar zwei dicke Fragezeichen:

Erstens braucht Amtshilfe einen konkreten Verdacht bei einer konkreten Person – und nicht wie im vorliegenden Fall eine Art Rasterfahndung, die Juristen als «Fishing Expedition» bezeichnen.

Zweitens muss der Kunde betrügerisch Steuern hinterziehen, indem er beispielsweise Urkunden fälscht, damit die Schweiz fremden Staaten Amtshilfe gewährt. Laut einem Verteidiger eines betroffenen UBS-Kunden handle es sich bei den fraglichen Dokumenten aber nicht um Urkunden. Vielmehr habe die UBS für ihre Kunden eine Lücke in einem Vertrag mit Amerika ausgenutzt.

Mit dem Apeasement-Kurs will Kurer die USA milde stimmen

Ein Sprecher des Bundesverwaltungsgerichts wollte das laufende Verfahren nicht kommentieren.

Ein negativer Gerichtsentscheid im US-Steuerstreit könnte für Peter Kurer gravierende Folgen haben. Die gesamte Strategie des Wirtschaftsanwalts, der vor seiner Wahl zum VR-Präsidenten oberster Rechtsvertreter der UBS war, würde in der zähen Auseinandersetzung einbrechen.

Mit einem Apeasement-Kurs versucht Kurer seit einem Jahr, die Amerikaner milde zu stimmen. Im Juli bekannte sich die UBS vor einem Senatsausschuss schuldig, US-Kunden bei der Steuerumgehung geholfen zu haben. Die Bank stellte ihre lukrative US-Vermögensverwaltung aus der Schweiz heraus ein, in der Hoffnung auf Gnade. Die Amerikaner zeigten sich kompromissbereit unter der Voraussetzung, dass sie rasch die Daten reicher UBS-Kunden erhalten würden.

Anfänglich schien der Plan aufzugehen. Die US-Anwälte der UBS gaben den Behörden die Zahl von 250 betroffenen Kunden bekannt, dann reisten Vertreter der Eidgenössischen Steuerverwaltung nach Washington, um den US-Ermittlern beim Ausfüllen eines Erfolg versprechenden Amtshilfegesuchs zu helfen. Kaum war dieses eingetroffen, lieferte die UBS Bern auch schon die angeforderten Daten aus.

Doch im November folgte das jähe Erwachen. Die USA klagten Raoul Weil, den Chef der weltweiten UBS-Vermögensverwaltung, als Verschwörer gegen Amerika an und drohten mit Strafanklagen gegen weitere UBS-Topmanager, darunter Präsident Kurer.

Dass die UBS in Bern vorstellig wurde mit der Idee, der Bundesrat könnte die Herausgabe der Kundendaten mit Notrecht erzwingen, zeigt, wie ausweglos die Lage der Grossbank in den USA geworden ist.


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