Die Richter und das Bankgeheimnis

In letzter Instanz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Einsprachen von US-Kunden der UBS. SonntagsZeitung, 11. Januar 2009

Über Sein oder Nichtsein des Schweizer Bankgeheimnisses entscheidet eine Handvoll Richter in Bern. Das ist die Ausgangslage für das Bundesverwaltungsgericht , das in letzter Instanz über die Einsprachen amerikanischer UBS -Kunden gegen die Offenlegung ihrer Bankdaten gegenüber den US-Steuerbehörden beschliessen wird. Bis heute liegen fünf Einsprachen vor, weitere dürften folgen. Das Bundesverwaltungsgericht will alle Ressourcen nutzen. «Wir wissen, dass dies bedeutende Fälle sind, und behandeln sie so zügig und speditiv wie möglich», sagt Sprecher Magnus Hoffmann.

Die US-Steuerbehörde IRS hatte im Sommer um Amtshilfe gebeten. Sie verlangte Einsicht in alle Bankdaten von US-Kunden, die mithilfe der UBS Steuern auf US-Wertschriften umgingen. Die US-Ermittler sprechen von 19 000 Kunden mit 18 Milliarden Dollar Vermögen und Steuerausfällen von 300 Millionen.

Die UBS kooperiert nur bezüglich einer kleinen Zahl von US-Kunden, die Zwischengesellschaften in Offshore-Ländern unterhielten. Laut einem US-Report bezifferte die UBS die Zahl der betroffenen Kunden auf rund 250. Die Bank nimmt keine Stellung mit dem Verweis, dass sie nicht Partei im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sei.

Die 250 UBS -Kunden müssen mit einer Offenlegung gegenüber den US-Behörden rechnen und riskieren hohe Strafen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) beschliesst seit Herbst im Wochentakt zuungunsten der Amerikaner, von denen einige rekurrieren. Die Steuerbehörde rechnet offenbar mit einem grossen Aufwand. In den letzten Wochen hat sie temporäres Personal rekrutiert. «Die EStV hat für die Behandlung des Amtshilfegesuches der USA 15 zusätzliche Juristen angestellt», bestätigt Sprecher Beat Furrer.

Anwalt Andreas Rüd von der Zürcher Kanzlei Rüd Winkler, der Kunden vor Bundesverwaltungsgericht vertritt, kritisiert die Steuerverwaltung: «Herr Roger Braunschweig, Leiter des Direktionsstabs der EStV, hat schriftlich bestätigt, dass es eine Kontaktaufnahme mit dem Bundesverwaltungsgericht gegeben hat. Es fragt sich, ob die Behörde bereits versucht, die Richter für die eigene Argumentation zu gewinnen.»

In der Sache sieht Rüd gute Chancen für seine Klienten, falls die Schweizer Praxis der Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug weiter gültig sei. Laut Rüd schuldet in seinen Fällen gemäss US-Recht nicht der US-Kunde die Steuern, sondern eine Firma. Die sei nicht steuerpflichtig geworden und habe keine Abmachungen verletzt.
Die USA hatten die UBS im 2000 zum Qualified Intermediary (QI) gemacht und die Bank verpflichtet, für die US-Steuerbehörde Abgaben einzutreiben. Anwalt Rüd stützt sich auf den zuständigen US-Senatsausschuss, der im Sommer festhielt, dass gewisse Offshore-Strukturen «keine Verletzungen des QI-Abkommens per se» seien. Auch die EStV-Beamten halten fest, dass die Konstrukte «eine Steuerhinterziehung, nicht aber einen Steuerbetrug» darstellten. Wegen des «besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen dem IRS, den QIs und den Steuerpflichtigen» sei das Vorgehen aber als «arglistige Machenschaft (…) zu qualifizieren» und entsprechend «betrügerisch».

Zivilklagen wegen Sperrung der Konti

US-Kunden beschuldigen die UBS , geschäftsschädigend zu handeln

Die UBS hält seit Monaten die Konti und Depots von rund 250 US-Kunden weitgehend gesperrt. Nun drohen Zivilklagen. «Weil die Bank sämtliche Konti und Depots ohne Grund sperrte, konnten wichtige Aufträge nicht rechtzeitig erfolgen», begründet Anwalt Andreas Rüd im Namen einer Kundin. Bereits früher hat der Immobilien-Tycoon und UBS -Kunde Igor Olenicoff, dessen Verurteilung die Ermittlungen gegen die UBS ins Rollen brachte, die Bank über 500 Millionen Dollar verklagt. Laut Olenicoffs Anwalt William King dürfte die Klage, wie in solchen Fällen üblich, morgen Montag abgewiesen werden. Der folgende Rekurs wird vermutlich im Frühling behandelt.


Einen Kommentar schreiben