Das Handelsgeschäft wirft Schatten

Die Grossbank soll im «schwarzen Oktober» jede Woche rund 1 Milliarde Franken verloren haben. Doch CS-Präsident Walter Kielholz hält am Chef der Investmentbank fest. Das sorgt im Schweizer Teil der Credit Suisse für Unmut. Handelszeitung, 21. Januar 2009

Der Oktober des Jahres 2008, als die Aktienkurse ins Bodenlose fielen, dürfte als einer der schwärzesten Monate in die Geschichte der Credit Suisse (CS) eingehen. Jede Woche soll die Grossbank rund 1 Mrd Fr. in ihrem Handelsgeschäft verloren haben, berichtet ein hoher CS-Banker, der nur anonym Auskunft geben will. Für das ganze Geschäftsjahr drohe der CS ein Reinverlust von bis zu 6 Mrd Fr.

Die Anfang Dezember veröffentlichten Zahlen, als die CS eine Gewinnwarnung publizierte, machen die Aussagen glaubwürdig. Die Bank bezifferte den Verlust für die ganze Gruppe per Ende November auf 3 Mrd Fr. Die Vermögensverwaltung dürfte für Oktober und November rund 600 Mio Fr. Gewinn gemacht haben, das Asset Management kann für diese Analyse ausgelassen werden. Im November erzielte die CS nach eigenen Worten einen kleinen Gewinn.

Somit ergibt sich für die CS-Investmentbank für Oktober ein Minus von rund 3,6 Mrd Fr. nach Steuern, vor Steuern entsprechend mehr. Hinzu kommen noch 900 Mio Fr. Restrukturierungskosten für total 5300 gestrichene Stellen vor allem in der Investmentbank. Die CS schrieb am 4. Dezember von einem «bedeutenden Vorsteuerverlust, der die schwierigen Bedingungen an den Finanzmärkten sowie Kosten des Risikoabbaus widerspiegelt».

Im Schweizer CS-Management sei der Unmut über das gigantische Minus verbreitet, sagt die Auskunftsperson, die eine hohe Funktion innerhalb der Gruppe innehat. Nachdem die CS dank ihrem frühzeitigen Ausstieg aus minderwertigen US-Hypothekenpapieren lange besser als viele Konkurrenten durch die Finanzkrise gesegelt sei, habe sie ihren Vorsprung durch hochriskante Wetten im Handel mit Aktien- und Zinsprodukten leichtfertig verspielt, laute der Tenor in den Schweizer Handelsräumen und unter Vermögensverwaltern, sagt der Manager. Das Top-Management der Investmentbank habe zu früh auf steigende Kurse gesetzt und das Risiko statt zu reduzieren massiv in die Höhe geschraubt.

«Risiken nicht hochgefahren»

CS-Sprecher Andrés Luther wehrt sich mit Händen und Füssen gegen den innerhalb und ausserhalb der Bank aufkommenden Eindruck, es würden wieder mehr Risiken im Handelsgeschäft eingegangen. «Wir haben die Risiken nicht hochgefahren», betont Luther gegenüber der «Handelszeitung». «Im Gegenteil, seit Anfang 2008 haben wir unsere Risikopositionen kontinuierlich reduziert und tun dies verstärkt seit dem Lehman-Kollaps.»

Luther verweist auf Aussagen von CS-Präsident Walter Kiel- holz im Magazin «Bilanz». Eine CS-Handelsstrategie war, mit Wandelanleihen von internationalen Finanzkonzernen zu spekulieren. Diese Long Position hatte die CS durch Leerverkäufe abgesichert. Als im Nachgang zum Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers Mitte September solche Leerverkäufe vorübergehend verboten wurden, liess sich die CS auf dem falschen Bein erwischen. Seine Bank sei «urplötzlich splitternackt» dagestanden, sagte Kielholz im Artikel.

Ein Köpferollen dürfte es aber nicht geben, denn Kielholz stellte sich vor Paul Calello, Chef der Investmenbank. Der habe keine Fehler gemacht, sondern «exogene Faktoren» seien für die Verluste verantwortlich. Zur Zukunft von Top-Managern will sich CS-Sprecher Luther nicht äussern, betont aber die relative Stärke seines Instituts.

Tatsächlich sind viele CS-Konkurrenten unter der Last von Verlusten und Abschreibungen gezwungen, sich grundlegend zu wandeln. Die Citigroup teilt sich auf in eine Good und eine Bad Bank, die Bank of America erhielt massive Staatszuschüsse, sonst hätte sie die erworbene Investmentbank Merrill Lynch ihrem Schicksal überlassen, und die britische Royal Bank of Scotland gehört bald ganz dem Staat. Das Schicksal der UBS steht trotz dicker Rettungsleine in den Sternen, und selbst die Deutsche Bank, die bisher wie die CS stolz auf ihren Verzicht auf Steuergelder verwiesen hatte, schockierte die Märkte letzte Woche mit der Ankündigung eines Riesenverlusts von umgerechnet rund 6 Mrd Fr.

CS will integrierte Bank bleiben

Die CS hingegen könne an ihrer Strategie der integrierten Bank festhalten, weil sie solide finanziert sei und eine breite Kundenbasis habe, so Sprecher Luther. Das Geschäftsmodell müsse «lediglich den schwierigeren Bedingungen» angepasst werden. «Dass wir diese Anpassung aus eigener Kraft und frühzeitig vornehmen können, zeigt unsere im Verhältnis zur Gesamtindustrie starke Verfassung.» Tatsächlich sanken die CS-Titel in den letzten zwölf Monaten mit minus 50% weniger stark als jene der Deutschen Bank (minus 75%). Wirklich zufrieden macht dies den CS-Aktionär aber kaum.


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