Auch Bär schasst ihre US-Kunden

Zürcher Privatbank bestätigt Ausstieg aus US-Offshore-Geschäft. SonntagsZeitung, 18. Oktober 2009

Die Zürcher Privatbank Julius Bär hat unter dem Druck der US-Ermittler auf den Finanzplatz den Ausstieg beschlossen aus dem grenzüberschreitenden Geschäft mit Amerika. «Wir haben den schrittweisen Rückzug aus diesem Geschäft bereits begonnen und verfolgen die Entwicklung weiterhin genau, inklusive der Möglichkeit einer SEC- lizenzierten Einheit», sagt Bär-Sprecher Jan Bielinski gegenüber der SonntagsZeitung.

Bank Bär war eines der ersten Schweizer Finanzinstitute mit amerikanischer Kundschaft. Ihr Engagement reicht in die 30er-Jahre zurück. Dass Bär nun aus diesem Geschäft aussteigt, ist ein Fanal für die Offshore-Vermögensverwaltung mit US-Kunden. In Zukunft werden Amerikaner wohl nur noch in Schweizer Tochtergesellschaften betreut, die eine Lizenz der US-Börsenaufsicht SEC haben und vollständig transparent gegenüber den Steuerbehörden sind.

Die Rückzugswelle rollt auf breiter Front. «Für US-Kunden wird unsere SEC-lizenzierte Tochtergesellschaft weiter an Bedeutung gewinnen», sagt CS-Sprecher Marc Dosch. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) verwarf die Idee einer eigenen SEC-Tochter aus Kostengründen, ihren betroffenen Kunden hat sie nun eine Deadline bis Ende Dezember gesetzt. Dann «müssen sie die ZKB verlassen haben», sagt Pressechef Urs Ackermann. Einzelne Verlängerungen seien denkbar.

50 Milliarden Franken und 1000 Jobs sind in Gefahr

Auch Schweizer Ableger ausländischer Grossbanken geben das Business mit den US-Offshore-Kunden auf. Die französische Crédit Agricole (CA) mit Sitz in Genf hat laut einem Banker allen US-Kunden gekündigt. Eine CA-Sprecherin lehnte eine Stellungnahme ab. Es droht ein substanzieller Geldabfluss. Bär hielt laut einem Insider gegen 5 Milliarden Franken US-Vermögen, bei der UBS waren es 20 Milliarden, bei der Credit Suisse sollen es 10 Milliarden sein. Sie selbst spricht davon, das Geschäft habe «nie grosse Bedeutung» gehabt.

Insgesamt könnten dem Finanzplatz mit dem Massen-Exodus bis zu 50 Milliarden Franken verloren gehen, was zu einem jährlichen Einnahmenausfall von rund 500 Millionen führen könnte. Über 1000 Arbeitsplätze wären gefährdet.

Gerüchteweise verhandeln weitere Banken mit den USA

Die Massenpanik im US-Business ist eine Folge der scharfen SEC-Regulierungen. Diese schränken die Beratung massiv ein, solange der Kunde in seiner Heimat weilt. Um trotzdem Börsenaufträge und andere Finanzgeschäfte tätigen zu können, verstiessen viele Berater gegen die Auflagen.

Mit Folgen: Die UBS bezahlte eine Rekordbusse und muss rund 5000 Kundendaten aushändigen. Um nicht selber ins Visier zu geraten, verhandeln gerüchteweise weitere Banken mit den USA. Mit einer saftigen Busse könnten sie versuchen, sich von den früheren Verfehlungen freizukaufen.

Die Unwägbarkeiten im US-Offshore-Geschäft sind auch bei der Bankiervereinigung ein Thema. «Die Regeln der US-Börsenaufsicht sind derart komplex, dass das Risiko von Untersuchungen und Verurteilungen enorm hoch geworden ist», sagt Sprecher Thomas Sutter. «Zuletzt könnten sich die meisten Schweizer Banken sagen, dass ihnen dieses Geschäft zu gefährlich wird.»

Akut wurden die scharfen SEC-Auflagen mit dem Ende des Bankgeheimnisses. Solange sich US-Kunden mit ihrem unversteuerten Geld bei den Schweizer Banken in Sicherheit wähnten, wurden die Restriktionen akzeptiert. Der Kunde sparte Steuern, die Bank kassierte hohe Margen, lautete die Losung. Nun bleiben fast nur noch die Nachteile. Auch in Europa bereitet der verschärfte Marktzutritt den Schweizer Banken Kopfzerbrechen. Immer mehr Staaten erschweren die grenzüberschreitende Vermögensverwaltung mit wachsenden Auflagen.


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