«Grössere UBS-Pakete sind gesucht»

Christoph Blocher – Der alt Bundesrat und Unternehmer erhält Signale, dass Investoren an UBS-Aktienpaketen interessiert sind – für ihn kommt ein Einstieg aber «nicht in Frage». In der Aktienrechtsreform mischt er hingegen kräftig mit und fordert die jährliche Wiederwahl von Verwaltungsräten. Handelszeitung, 17. Juni 2009

Kurz vor dem Kollaps der Bank Lehman Brothers wollte die SVP mehr Freiheit für die Finanzhäuser, jetzt will sie die UBS zerschlagen. Pures Hüst und Hott.

Christoph Blocher: Kein Widerspruch: Beides muss getan werden.

Tatsache ist, Sie schlingerten.

Blocher: Nein. Die Rettung der UBS änderte nur die Prioritäten. ‹Too big to fail›, zu gross, um fallen gelassen zu werden, darf es nicht geben. Solange der Staat retten muss, muss er auch im Salärgefüge und im VR mitbestimmen können. Wenn CS und UBS einmal aufgeteilt sind, steht die Freiheit wieder im Vordergrund.

Bern will stattdessen den 10%-Anteil an der UBS verkaufen. Zu Recht?

Blocher: Die Schweiz ist nicht UBS-Grossaktionär geworden, um sie zu beaufsichtigen, sondern weil kein Privater mehr Risikokapital gab. Darum: Wenn privates Kapital vorhanden ist, gewinnbringend aussteigen!

Ist die UBS stabil genug?
Blocher: Darum gehts nicht. Wenn Private die 6 Mrd Fr. des Bundes übernehmen, kann das ein Geschäft werden. Schliesslich erhält Bern noch 2 Mrd Fr. Zinsen, also 8 Mrd Fr. Wir wissen ja nicht, was die Zukunft bringt.

Rein, raus, wieder rein?
Blocher: Alles zu seiner Zeit. Nothilfe im Interesse der Volkswirtschaft ist nicht auszuschliessen.

Findet der Bund Abnehmer für sein UBS-Paket?
Blocher: Ich kriege Signale, dass grössere Pakete gesucht sind. Unter 18 Fr. sollte man nichts abgeben.

Würden Sie einsteigen?
Blocher: Ich komme dafür nicht in Frage.

Letzte Woche schmetterte der Ständerat die Anti-Bonus-Initiative von Thomas Minder ab. Ziehen Sie jetzt mit Minder in den Abstimmungskampf?

Blocher: Die relativ gemässigte Minder-Initiative ist das kleinere Übel als die verwässerte Aktienrechtsreform. Für Börsenfirmen unhaltbar.

Was muss sich ändern?
Blocher: Das Salär von VR und Management können Tausende von Aktionären nicht festsetzen. Aber sie können den VR jährlich wählen, unter Absegnung aller Bezüge. Dann hat ein VR keinen Salärfreipass mehr. Die jährliche Wiederwahl ist Voraussetzung.

Kreuzfalsch, sagt Professor Fredmund Malik. Besser wären fünf Jahre, dann müssen sich die VR ins Zeug legen und für die Folgen ihres Tuns geradestehen.
Blocher: Fünf Jahre oder mehr, darum kann er jährlich wiedergewählt werden, wenn er nicht versagt. Die jährliche VR-Wahl funktioniert, das zeigen die USA. Bei uns brauchte es zuerst grosse Krisen, dann zogen ABB und jetzt auch die UBS nach.

Wie wäre es mit einer Einjahreswahl für den Bundesrat?
Blocher: Wenn Bundesräte den eigenen Lohn jährlich selbst fixieren könnten: Unbedingt.

Das Depotstimmrecht, also die Aktionärsvertretung durch Banken, will der Ständerat durch das Nominee-Modell ablösen. Ist das eine gute Idee?
Blocher: Dann stimmen dann sogar Dispo-Aktien über Banken, Anwälte und so weiter ab! Der Wunsch stammt vom Management der Firmen. Sie wollen das Verbot des Depotstimmrechtes unterlaufen. Wir hatten einen guten bundesrätlichen Vorschlag …

… aus Ihrer Feder …
Blocher: Er ist streng, respektiert aber die Führungsverantwortung des VR und der Eigentümer. Die Economiesuisse vertritt in diesem Fall nicht die Interessen der Wirtschaft, sondern die der Manager. Doch der Nationalrat dürfte Nominee-Modell und Dreijahreswahl des VR kippen, leider mit Hilfe der SP.

Hat der Bundesrat eine Strategie im Steuerstreit mit den USA?
Blocher: Nein. Man lebt in den Tag hinein. Zusätzlich ging man aus Angst vor schwarzen Listen in die Knie vor der OECD, wo Einstimmigkeit erforderlich wäre!

Hätte denn die Regierung die UBS in den USA fallen lassen sollen?
Blocher: Nein, aber bestimmt und rechtzeitig auftreten. Das respektieren die USA. Bei der OECD sind wir Gründungsmitglied, Bundesrätin Doris Leuthard ist Vizepräsidentin. Statt zu führen, schimpfen Bundesräte über den Sekretär.

Ist die Zeit des Bankgeheimnisses nicht einfach abgelaufen?
Blocher: Dann hätte man es vor einem Jahr nicht vehement verteidigen dürfen. Nein, es wäre zu retten gewesen. Jetzt hat man es preisgegeben.

Wer soll Couchepin-Nachfolger werden?
Blocher: Endlich jemand, der die Schweiz durch dick und dünn verteidigt.

Den haben wir doch mit Ueli Maurer.
Blocher: Das ist einer von sieben.

Und Calmy-Rey.
Blocher: … die in die EU drängt und international zu oft nachgibt. Nein, dieser Bundesrat verteidigt die Schweiz nicht mehr, und wer die Schweiz verteidigt, wird vom Parlament eben nicht gewählt.

Der Bürger wählt das Parlament.
Blocher: Deshalb sage ich dem Volk: «Schimpft nicht, Ihr habt die gewählt.» Es fehlt an Persönlichkeiten – die Folge guter Zeiten. Jetzt knicken sie beim kleinsten Widerstand ein.

Wo steht die Schweiz in zehn Jahren?
Blocher: Wenns so weitergeht: Gleich schlecht wie Deutschland. Unsere Tugenden wären verloren. Das gilt es zu verhindern.

Steckbrief

Name: Christoph Blocher
Funktion: Vizepräsident SVP Schweiz
Geboren: 11. Oktober 1940
Wohnort: Herrliberg ZH
Familie: Verheiratet, drei Töchter, einen Sohn
Ausbildung: Dr. iur.

Karriere

1974–1978 Gemeinderat, Meilen
1979–2003 Mitglied des Nationalrats
1977–2003 Präsident SVP Kt. Zürich
2003–2007 Bundesrat
Seit 2008 Vizepräsident der SVP Schweiz

Altersmilde

Der 68-Jährige alt Bundesrat empfängt den Besucher in seinem neuen Büro in Männedorf ZH. Er trägt einen eleganten silbergrauen Anzug mit goldgelber Krawatte. Er hat sichtbar abgenommen, und sein Lachen hat einen milden Zug erhalten, so, als ob er nachsichtiger mit seinen politischen Gegenspielern geworden wäre. Im Gespräch gibt sich der SVP-Vize aber gewohnt kämpferisch, die Stimme laut, die Meinungen unerschütterlich. Noch immer weiss er um die Bedeutung von Symbolen. So schwärmt er bei der Verabschiedung vom Vierradantrieb seines neuen Daihatsu Sirion – Neupreis: Ab 16790 Fr. Er vergisst aber nicht zu erwähnen, dass für längere Fahrten eine Limousine mit Chauffeur zur Verfügung stehe.


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