Volles Durchgriffsrecht

Adriano Agosti hat die Schlacht schon vor der Valora-GV gewonnen. Im VR werden seine Leute das Sagen haben. (Bilanz, 25. Januar 2008)

Zu Weihnachten erreichten die Interimpsräsidentin der Valora Gruppe, Beatrice Tschanz, neben frohen Wünschen harte Forderungen. Rolando Benedick vom Warenhaus Manor (siehe auch «Jäger und Sammler» auf Seite 48), der das Präsidium der Berner Kioskkette beansprucht, will von der früheren Madame Swissair eine schriftliche Kapitulation. Und zwar, bevor Benedick am 30. Januar in den Valora -VR einziehen soll.

Hinter Benedick (61) steht Financier Adriano Agosti (52), der das Unternehmen mit 7000 Angestellten und drei Milliarden Umsatz mit nur vier Prozent der Aktien zu dominieren versucht. Agosti -Mann Benedick verlangte laut Valora -Kreisen eine Garantie, nach der ausserordentlichen GV von Ende Januar zum Präsidenten gekürt zu werden. Zweitens wollte Benedick im Voraus freie Hand bei der Besetzung der wichtigsten operativen Funktionen wie CEO, IT-Chef und Leiter Kioskgeschäft. Schliesslich pochte der Präsident in spe auf freie Bahn für Verhandlungen mit Konkurrenten.

Der im Ton freundliche Draufgänger, der sich bei Manor Anfang Jahr aufs Präsidium zurückzog, wollte erst nichts von einem solchen Schreiben wissen, um später zu sagen: «Forderungen habe ich keine gestellt. Es ist aber bereits jetzt meine Aufgabe und jene des Verwaltungsrates, sich Gedanken zu den nächsten Schritten nach der anstehenden Wahl zu machen. Einige Gedanken habe ich mit dem Verwaltungsrat ausgetauscht.» Der VR müsse «sofort nach der Wahl den Neustart der Valora » anpacken. «Ich bin zuversichtlich, dass wir in der neuen Zusammensetzung eine neue, erfolgreiche Kultur entwickeln werden.»

Tschanz, die Präsidentin mit Verfalldatum, gibt sich kämpferisch. «Über Briefe, die ich erhalte oder schreibe, sage ich gar nichts. Niemand hat uns Direktiven zu erteilen.» Ihr VR-Kollege Andreas Gubler , ein Berner Anwalt, kündigt indes sein Aus an. «Dass Benedick bereits Forderungen stellt, ist seine Sache. Ich bleibe in jedem Fall nur, wenn der VR dies wünscht und bereit ist, seine Aufgaben auch in Zukunft sorgfältig und pflichtbewusst wahrzunehmen. Dazu gehören insbesondere auch eine kritische Diskussion im Verwaltungsrat und der Respekt vor unterschiedlichen Meinungen.»

Nach grossen Kompromissen tönen Benedicks Ansprüche nicht. Das Gewicht an der Valora -Spitze dürfte sich jedenfalls dramatisch verschieben. Neben Benedick soll dessen Kollege Markus Fiechter (51) von der Jacobs Holding gewählt werden, wo Benedick auch schon im VR sitzt. Dass die Neuen bei Valora gebremst würden, ist kaum anzunehmen. Tschanz gehe von Bord, Gubler vermutlich auch, von den restlichen drei Mitgliedern, die eine Rolle spielen, möchten zwei – Franz Julen und Paul-Bernhard Kallen vom deutschen Burda Verlag – nicht mit dem Agosti -Lager zusammenspannen, heisst es aus Valora -Kreisen. Beide wollten dazu keine Stellung nehmen.

Im Zuge dieser Machtverschiebung will auch Financier Agosti in den Valora -VR. Seine Kandidaten, die er als «unabhängige Persönlichkeiten, die in keiner Geschäftsbeziehung zu mir stehen», bezeichnet, könnten seine Sanierungsexpertise gebrauchen. «Bei Valora wurden schon zu viele Werte zerstört, jetzt eilt es», begründet er. «Der Verwaltungsrat muss möglichst schnell eine Situationsanalyse vornehmen und die richtigen Schritte für den Turnaround einleiten.» Hilfreich fürs Image könnte sein, verborgene Valora -Schätze hervorzuzaubern. Eine Personalstiftung über geschätzte 50 Millionen Franken und der Verkauf eines Verteilzentrums mit stillen Reserven von etwa 40 Millionen liegen dafür bereit.


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