Für Kritiker ist der Schritt zu klein

Das neue System der UBS setzt andere Konzerne unter Druck. Sie müssen in den nächsten Wochen die Karten auf den Tisch legen. Handelszeitung, 19. November 2008
Mister Anti-Abzocker Thomas Minder redet sich ins Feuer. «Was es nicht alles gebraucht hat, bis sich mit der UBS endlich eine grosse Unternehmung bewegte», sagt der Vater der sogenannten Abzocker-Initiative, die im nächsten Jahr vors Volk kommen könnte. «Mein offener Brief an den Bundesrat, der Start der Initiative 2004, die 100000 Unterschriften, die Milliardenverluste der Banken, alles vergebens. Erst der Druck von Bund und Bankenkommission brachte den Wandel.»

Selbst jetzt, nachdem UBS -Präsident Peter Kurer ein neues Lohnsystem bekannt gab, ist Minder nicht zufrieden. Dem Kämpfer gegen überrissene Boni und Löhne geht es im Grunde nur um eines: Die Stärkung der Aktionärsrechte. «Wenn UBS -Präsident Kurer überzeugt ist, dass sein neues Lohnsystem vernünftig ist, braucht er doch eine bindende Abstimmung der Aktionäre nicht zu fürchten.»

Erwartungen gegenüber CS

Minder gibt sich kämpferischer als Ethos-Geschäftsführer Dominique Biedermann, der die Konsultativabstimmung als grossen «Fortschritt für die Aktionärsdemokratie in der Schweiz» lobt. Biedermann erwartet entsprechende Reaktionen von weiteren Konzernen, insbesondere der CS. «Verwaltungsratspräsident Walter Kielholz etwa hat vergangenes Jahr 14 Mio Fr. für sein 60%-Pensum erhalten – viel zu viel meines Erachtens», sagte Biedermann der «Basler Zeitung».

Ethos hatte die CS sowie ABB, Nestlé und Novartis aufgefordert, Konsultativabstimmungen über die Managerlöhne zuzulassen. Laut CS-Sprecher Andrés Luther hat der VR noch nicht über den Ethos-Antrag und das zukünftige Lohnsystem entschieden.

Allzu lange kann die CS-Führung mit ihrem Entscheid nicht zuwarten. Die Managerlöhne werden in den nächsten Wochen für weitere Schlagzeilen sorgen. Denn die EBK wird in einem Rundschreiben an alle Institute die neuen Richtlinien zur Vergütungspraxis stipulieren. Bereits Ende November könnte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf im Rahmen der Aktienrechtsreform dem Parlament Vorschläge zu den Managerlöhnen unterbreiten. Im Vordergrund stehen die Entschädigungen für den Verwaltungsrat und mehr Möglichkeiten, überrissene Löhne und Boni zurückzufordern. Das Gesetz lässt den Unternehmen Platz für eigene Initiativen wie jene der UBS , was von Urs Furrer von Economiesuisse begrüsst wird. «Das neue UBS -System nimmt wichtige Punkte auf, die wir in unserem Swiss Code empfehlen, wie langfristige Ausrichtung der Boni und eine verzögerte Auszahlung von Lohnanteilen.»

Heilsamer Barnevik-Schock

Die Frage der Mitbestimmung der Aktionäre wird durch Ethos vorangetrieben. Die Gesellschaft fordert neben UBS und CS auch vom Industriekonzern ABB, vom Pharmamulti Novartis und von der Nahrungsmittelgruppe Nestlé Konsultativabstimmungen. «Der Ethos-Brief ist bei uns eingetroffen, der VR wird die Frage diskutieren», sagt ABB-Sprecher Wolfram Eberhardt. Sein Unternehmen sei oft weiter gegangen als verlangt, beispielsweise bei der Lohntransparenz. «Wir weisen seit Jahren sämtliche Bezüge der Top-Manager aus, und zwar nicht nur der einzelnen Verwaltungsräte, sondern auch jene der einzelnen Konzernleitungsmitglieder.» Heute muss nur die höchste Entschädigung eines Geschäftsleitungsmitglieds offen gelegt werden. «Wir erlebten halt den Percy-Barnevik-Schock», begründet Eberhardt die ABB-Politik, und erinnert an die dreistellige Millionensumme, die der Ex-CEO unbemerkt bezogen hatte.

Auch Nestlé verweist auf einen Vergütungsbericht, der laut Sprecher Robin Tickle «seinesgleichen sucht». Die Aktionäre könnten schon heute die Vergütungen, die detailliert ausgewiesen werden, ablehnen, indem sie den ganzen Geschäftsbericht zurückweisen. «Mehr braucht es unserer Meinung nach nicht.» Trotzdem werde der VR über den Ethos-Antrag noch entscheiden. Von Novartis war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.

Auf die Festlegung harter Obergrenzen scheint man in der Schweiz zu verzichten. Das stört Minder. «In England gibt es die Konsultativabstimmungen schon lange, trotzdem sind die CEO-Löhne massiv gestiegen.»


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