Weit verbreiteter Steuertrick der Banken

Dividend Stripping ist laut dem Bundesrat eine «klare Steuerumgehung». Um Ausländern beim Steuersparen zu helfen, kannten viele Schweizer Banken wenig Bedenken.

Die Antwort der Landesregierung liess nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig. «Das Dividenden-Stripping ist eine klare Steuerumgehung, welche nicht toleriert wird», beantwortete die Exekutive vor drei Wochen eine parlamentarische Anfrage. Vor allem im letzten Jahr seien grosse Aktienpakete ausländischer Kunden zu Banken in der Schweiz verschoben worden. Vermutet wird dahinter ein Ziel: den Fiskus auszutricksen.

Damit nahm der Bundesrat erstmals Stellung zu dieser fragwürdigen Methode. Und so funktionierte sie: Die Banken kauften ihren ausländischen Kunden kurz vor Ausschüttung der Dividende die Aktien ab. Formell waren die inländischen Banken nun die Eigner der Wertpapiere und hatten demzufolge Anrecht auf die Rückerstattung der 35 Prozent Verrechnungssteuer, die bei der Ausschüttung der Dividende abgezogen worden waren.

Darauf verkauften die Finanzhäuser die Aktien dem ursprünglichen Besitzer zurück. Gegen eine Gebühr für die Banken sparten die ausländischen Aktionäre auf diese Weise viel Steuern. Die Praxis brachte es unter dem Namen « Dividend Stripping » im Frühjahr zu Berühmtheit. Frei übersetzt: eine Dividende, die von der Verrechnungssteuer befreit ist.

Erstmals aufmerksam auf die Schlaumeierei wurden die Spezialisten der Eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV) im Jahr 2003. Bei Stichproben fielen ihnen die hohen Käufe und Verkäufe in einigen Schweizer Titeln rund um deren Dividendenausschüttungstermin auf. Sie gingen dem Phänomen auf den Grund und merkten rasch, dass nicht nur ein paar wenige exotische Bankhäuser hemmungslos den Fiskus zu umgehen bereit waren. «Mehrere Banken haben mit Sicherheit Dividend Stripping betrieben», sagt Beat Furrer von der Steuerverwaltung gegenüber BILANZ. Noch im Juli sprach Furrer erst von zwei verbrieften Fällen. Nun wird klar, dass viel mehr Unternehmen auf dem Schweizer Finanzplatz mithalfen, die öffentliche Hand zu hintergehen.

Strafen würden allerdings keine ausgesprochen, betont Beat Furrer, weil es sich um eine Umgehung und kein Steuerdelikt handle. Hingegen könnten es die Banken vergessen, die abgezogene Verrechnungssteuer zurückzufordern. Dieses Recht hätten sie mit ihrer illegalen Praxis verspielt. Wer bereits Rückerstattung erhalten hat, muss diese zurückzahlen.

Unklar bleibt, welche Banken das Dividend Stripping besonders aktiv betrieben haben und wie hoch der Schaden für diese Institute sein wird. Erst bei zwei Banken ist ein Zusammenhang zur Steuerumgehung publik. Im Juni bezifferte ZKB -Präsident Urs Oberholzer den Abschreibungsbedarf infolge Dividend Stripping auf 130 Millionen Franken. Die zur Deutschen Bank gehörende Zürcher Privatbank Rüd, Blass & Cie stellte für 2006 «im Zusammenhang mit indirekten Steuerforderungen» 25 Millionen Franken zurück. Der CEO der Bank ging bereits vor Bekanntgabe des Problems von Bord.

Vor allem der Abschreibungsbedarf der beiden Grossbanken bleibt vorerst im Dunkeln. Davon wird abhängen, ob das Dividend Stripping den Finanzplatz insgesamt eine Milliarde Franken oder noch mehr kosten wird. Besonders aktiv mit Produkten, die eine Umgehung der Verrechnungssteuer ermöglichten, war laut Stimmen aus der Finanzszene die Credit Suisse. Eine Sprecherin der CS verweigert einen Kommentar über mögliche Rückstellungen und Wertberichtigungen. Die UBS, die laut Marktkreisen in kleinerem Umfang betroffen sei, wollte ebenfalls keine Stellungnahme abgeben.

Da das Thema für Schlagzeilen sorgte, könne «davon ausgegangen werden, dass die Marktteilnehmer keine derartigen Geschäfte mehr tätigen werden», schreibt der Bundesrat in seiner Interpellations-Antwort vom 5. September. Der Ständerat nimmt kommenden Montag Stellung. «Erst wenn das ganze Ausmass klar ist, ist die Sache für mich erledigt», sagt der Freiburger SP-Ständerat Alain Berset. Die unmissverständliche Botschaft der Politik an die Adresse der Banken kommt nicht von ungefähr: Jeder 14. Franken des Bundeshaushalts stammt von der Verrechnungssteuer. Einnahmen, auf die der Bund nicht verzichten will.


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