Machtkampf im ZKB-Olymp

Die zur Schau gestellte Minne täuscht. In der Frage der verschärften Risikokontrolle gerieten sich Bankrat und operative Spitze der grössten Schweizer Staatsbank in die Haare. Mit der Wahl von Bruno Meier als neuem Chief Risk Officer (CRO) setzte sich der Präsident durch.

Dem Machtwechsel an der Spitze der bankinternen Risikokontrolle ging bei der Zürcher Kantonalbank ( ZKB ) ein Gezerre voraus. Der Bankrat, eine Art Verwaltungsrat bei der ZKB und damit Überwachungsgremium, drängte unter Führung seines Präsidenten Urs Oberholzer seit längerem auf eine Aufwertung des Risk-Managements. Dieses war wegen des Falls Sulzer, als die ZKB gegen die Interessen ihrer Kundin feindlich gesinnte Investoren unterstützte, ins schiefe Licht geraten. Die halbe Geschäftsleitung musste darauf ihr Büro räumen.

Die neue Geschäftsleitung unter dem 45-jährigen CEO Martin Scholl wehrte sich aber offenbar mit Händen und Füssen gegen die Entmachtung ihres Finanzchefs Philipp Halbherr, dem bisher auch die Risikokontrolle unterstellt war. Halbherr blieb zwar immer im Hintergrund, fungierte aber offenbar als starker Mann der ZKB -Geschäftsleitung.

Der 56-jährige Doktor der Volkswirtschaft verkörperte das ökonomische Gewissen der ins Gerede gekommenen Kantonalbank. Denn bei seinen obersten Chefs handelte es sich meist um hemdsärmlige Pragmatiker, die von Finanztheorie und Risiko-Management wenig verstanden.

An einem Workshop am 21. und 22. September diskutierten Bankrat und Geschäftsleitung über Massnahmen zur Risiko-Früherkennung. Im Fall Sulzer waren nämlich offenbar Warnungen des obersten Risk-Verantwortlichen Halbherr ausgeblieben.

Dennoch machten sich dort CEO Scholl und seine Geschäftsleitungskollegen in der Abgeschiedenheit des thurgauischen Dorfes Berlingen am Bodensee wortreich für die Beibehaltung der heutigen Struktur stark. Doch die 13 Bankräte kamen überein, zu einer neuen Risiko-Organisation zu wechseln.

«Am Schluss drohte Oberholzer seinen Untergebenen: Entweder akzeptiert ihr unseren Willen, oder ihr könnt gehen», sagt ein Kenner der Vorkommnisse, der nicht genannt sein will. An der ordentlichen Bankrats-Sitzung von Ende Oktober legte Präsident Oberholzer seinen Kollegen die Pläne offen. Von nun an war klar, dass Bruno Meier das Rennen machen würde. Die Bankenkommission wurde über den Schritt vorab informiert. Die ZKB wird auf bereits getroffene Massnahmen verweisen können, wenn die EBK ihren Bericht zu Sulzer voraussichtlich Ende Jahr präsentieren wird.

Bruno Meier war einst Vorgesetzter von Martin Scholl im Bereich Firmenkunden. Als Stellvertreter des Bereichsleiters hätte er gerüchteweise bereits 2001 in die Geschäftsleitung des designierten CEOs Hans Vögeli aufsteigen können. Doch Meier habe wegen Vögelis militärischem Führungsstil auf den Karriereschritt verzichtet. Meier gilt als gradlinige Persönlichkeit, die sich nicht scheut, bei Meinungsverschiedenheiten den Vorgesetzten die Stirn zu bieten – eine Eigenschaft, die im Risk-Management besonders wichtig ist.

«Bruno Meier ist einer, der auf Augenhöhe mit seinen Chefs verhandelt», sagt ZKB -Sprecher Urs Ackermann. Die Durchsetzungsfähigkeit des obersten Risiko-Verantwortlichen ge- genüber dem CEO und dem VR gewinnt in der ganzen Finanzbranche an Bedeutung. Die Eidgenössische Bankenkommission soll laut einem Insider im Zuge der Kreditkrise bei allen grossen Finanzhäusern auf schärfere Kontrollen drängen.


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