Es wird noch teurer

Im Swissair-Strafprozess sind Kosten von bis zu 20 Millionen möglich.

Die 3 Millionen Franken Entschädigung für die freigesprochenen Swissair-Chefs sind nur die Spitze des Eisbergs. Vom Steuerzahler stammen auch die 4,5 Millionen für grösstenteils nicht verwendbare Gutachten der Zürcher Staatsanwaltschaft. Und die Löhne der sieben Ankläger, die seit 2001 unterschiedlich intensiv mit der strafrechtlichen Untersuchung der untergegangenen Airline beschäftigt waren, verschlangen konservativ geschätzt weitere 6 Millionen Franken. So summiert sich allein der erste Strafprozess auf über 13 Millionen Franken.

Doch das ist noch nicht alles. Ein zweiter Strafprozess, der nächsten Frühling abgeschlossen wird, umfasst die Erstellung neuer Gutachten, davon eines von Aldo Schellenberg, dessen bisherige Arbeit vom Gericht diese Woche zerzaust wurde. Wird ein noch halb so grosser Aufwand für diesen Nachfolge-Strafprozess veranschlagt und werden Kosten für einen möglichen Weiterzug der Urteile bis vor Bundesgericht berücksichtigt, müssen die Schweizer Bürger für die juristische Aufarbeitung des Swissair-Debakels mit Kosten von insgesamt 20 Millionen Franken rechnen.

Doch Oberstaatsanwalt Andreas Brunner, Chef des wegen seiner mangelhaften Arbeit kritisierten Swissair-Anklägers Christian Weber, lässt sich vorerst nicht beirren und hält sich alle Optionen offen: «Ob wir rekurrieren, werde ich mit Weber besprechen», sagt Brunner der SonntagsZeitung.

Auch die zivilrechtliche Aufarbeitung des grössten Schweizer Firmenkollaps geht ins Geld. Das Gutachten der Revisionsgesellschaft Ernst & Young kostete 14 Millionen Franken, davon zahlte die öffentliche Hand 1,5 Millionen. Die Arbeiten von Liquidator Karl Wüthrich dürften bis zum Urteil im Herbst 2008 mit rund 50 Millionen zu Buche schlagen. Weitere geschätzte 25 Millionen werden schliesslich die Kosten für die Verteidigung umfassen.

Total hat Wüthrich in Anfechtungsklagen laut eigenen Angaben bisher 100 Millionen Franken erstritten. Hinzu kommen realisierte Verkäufe von Firmen in der Höhe von 2,5 Milliarden sowie die Abschmetterung von Ansprüchen in der Höhe von dutzenden Milliarden Franken.

Trotz Entschädigung verlieren die Freigesprochenen viel Geld

Die Swissair-Chefs, die das Debakel nicht verhindern konnten, kommen mit Sicherheit nicht ungeschoren davon. «Die 200 000 Franken Entschädigung decken meine Anwaltskosten nur zur Hälfte», erklärt Lukas Mühlemann auf Anfrage. Ob er das Geld spende, lässt er offen. Jährlich finanziere er Soziales mit über 100 000 Franken, und die Entschädigung aus der Staatskasse sei für ihn «kein Klacks», im Unterschied zum ebenfalls freigesprochenen Milliardär Thomas Schmidheiny.

Selbstverständlich sind die ehemaligen Airline-Chefs gegen Klagen versichert. Sie haben eine so genannte Directors and Officers Liability Insurance (D&O), eine Versicherung für Verwaltungsräte und Konzernleiter gegen persönliche Klagen. Doch diese zahlt nur für Forderungen aus Zivilprozessen, nicht aber für die Kosten aus Strafprozessen. Deshalb verlieren laut Martin Waldburger, Verteidiger von Bankier Bénédict Hentsch (Entschädigung: 193 000 Franken), alle Freigesprochenen trotz staatlicher Entschädigung viel Geld. «Ein grosser Teil meiner Aufwände ist damit nicht gedeckt, die muss mein Klient aus der eigenen Tasche begleichen», sagt Waldburger.


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