Rote Köpfe bei Auftragsvergabe

Fachhochschul-Campus: Die Auswahl des privaten Bauherrn ist höchst umstritten

Wer erhält heute den Zuschlag für «Campus», das neue Fachhochschulzentrum Nordwestschweiz in Brugg/Windisch? Alles deutet auf die Thurgauer HRS hin. Kanton und mutmassliche Verlierer decken sich schon mal mit Vorwürfen ein.

Lukas Hässig

Wenn die Regierung heute die Gewinnerin für den 188 Millionen Franken teuren Prestigebau präsentiert, ist Ärger programmiert. Denn der Vergabeprozess erscheint undurchsichtig. Dies suggerieren jene Firmen, die im langen Vergabewettbewerb nun wohl den Kürzeren gezogen haben. Gewonnen haben soll laut zuverlässigen Quellen die Thurgauer Generalunternehmerin HRS Hauser Rutishauser Suter AG. Die Firma, die sich gestern nicht äussern wollte und auf die Medienorientierung verwies, an welcher CEO Martin Kull teilnehmen wird, soll den Favoriten den Auftrag in letzter Sekunde weggeschnappt haben.

Kritik an den Aargauer Behörden

Peter Jäggi, der Geschäftsführer von Swisscanto Immobilien Management, welche für die Swisscanto-Anlagestiftung (ein Gemeinschaftswerk der Kantonalbanken) Gelder verwaltet, kritisiert das Vorgehen der Behörden. «Zuerst wurde entschieden, dass nur noch wir und ein zweites Team in der Ausmarchung sind. Im Sommer hiess es dann plötzlich, dass wieder alles offen sei. Und all das, ohne uns schriftlich ins Bild zu setzen.»

Was zur Kehrtwende geführt hat, ist für Jäggi und sein Team nicht nachvollziehbar. Das «unprofessionelle» Vorgehen der Aargauer Behörden habe aber zu Verzögerungen von sechs Monaten geführt. Vom Vergabeentscheid erfuhr Jäggi nicht vom Kanton selber, sondern von seiner Partnerin für das Projekt «Campus», der Zürcher Generalunternehmerin Karl Steiner. Ebenfalls leer soll demnach auch die zweite Generalunternehmerin ausgehen, die Zürcher Allreal.

Die zwei Teams wurden im März aus einer Gruppe von fünf Generalunternehmerinnen ausgewählt, die sich ursprünglich um das Projekt beworben hatten. Bemerkenswerterweise gehörte zu den damals ausgeschiedenen Firmen auch die Thurgauer HRS. Nach einem überraschenden Beschluss der Aargauer Behörden Anfang Juli durften HRS und die zwei anderen Verliererinnen der ersten Runde indes wieder mitbieten. Für Jäggi kann deshalb durchaus der Eindruck entstehen, dass für «jenen Mitbewerber, der nun das Rennen gemacht hat, ganz bewusst die Anforderungen massgeschneidert wurden».

Der für den Vergabeprozess zuständige Kantonsbaumeister René Birri, Chef der Abteilung Hochbauten, wehrt den Vorwurf ab und dreht den Spiess um. Auf Anfrage beschuldigt Birri die beiden mutmasslichen Ver lierer-Konsortien Swisscanto Immobi lien / Karl Steiner und Allreal, sich gegenseitig abgesprochen zu haben. «Wir staunten immer wieder, welche Informationen die zwei Anbieterinnen hatten», sagt Birri. «Wir kamen zum Schluss, dass dieses Wissen nur von der jeweils anderen Mitbewerberin stammen konnte. Die Steuerungskommission hat deshalb Anfang Juli entschieden, das Verfahren nochmals für alle ursprünglichen Bewerberinnen zu öffnen.»

Siegerin offerierte den tiefsten Preis

Ein zweiter Vorwurf lautet, das Verfahren sei intransparent gewesen. Man habe nie gewusst, wer wann welchen Entscheid fälle, tönt es aus dem Lager der Verlierer. Das Gegenteil treffe zu, sagt Kantonsbaumeister Birri. Ein externer Jurist habe den Vergabeprozess begleitet und dem Regierungsrat einen Bericht darüber abgegeben. «Der Jurist hält fest, dass alle Anbieter gleich behandelt wurden», sagt Birri. «Ich habe ein gutes Gefühl.» Den Ausschlag zugunsten der wahrscheinlichen Siegerin HRS gaben laut Birri der zukünftige Mietpreis für den Kanton und die Bedingungen der Zusatzvereinbarung, beispielsweise die Höhe der Konventionalstrafe, falls das Projekt verzögert oder gar nicht realisiert wird. Der Preis für den Kanton, der die Räume im neuen Fachhochschulzentrum für eine fixe Anzahl Jahre mieten will, basiert laut Birri auf dem Libor (Zinssatz der Nationalbank für kurzfristige Ausleihungen) zuzüglich der von der Generalunternehmerin geforderten Marge. «Die Siegerin offerierte uns den tiefsten Preis», sagt Birri.

«No comment» des Finanzdirektors

Eine besondere Rolle im umstrittenen Vergabeprozess spielte Finanz direktor Roland Brogli. Ein Team des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PWC) lieferte aus finanzieller Sicht eine Zweitbeurteilung. Darüber, ob die PWC-Berater empfahlen, den Fächer nochmals zu öffnen und mit einer neuen Offertenrunde ein günstigeres Angebot zu erzielen, wollte sich Finanzdirektor Brogli ges tern ebensowenig äussern wie zur Vergabe selber. Er stellt den Entscheid der Regierung heute Morgen zusammen mit Bildungsdirektor Rainer Huber der Öffentlichkeit vor.

Übrigens: Zwischen den unterlegenen Zürcher Konsortien und der Aargauer Regierung könnte es zu einem juristischen Nachspiel kommen. «Wir müssen uns allfällige rechtliche Schritte zumindest überlegen», sagt Peter Jäggi, Chef der Swisscanto Immobilien Management. «Schliesslich hatte unser Team einen Aufwand im sechsstelligen Frankenbereich.» Kantonsbaumeister Birri gibt sich trotz allem gelassen. «Es war abgemacht, dass wir ohne Einsprache der Bewerberinnen nichts für deren Aufwendungen bezahlen. Im Nachhinein etwas zu verlangen, finde ich unfair.»


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