Der Medien-General

Mit dem Gebührenentscheid erhielt SRG-Chef Armin Walpen die Quittung für den eingeschlagenen Weg ­ und seine politischen Bodychecks. In Bern sagen viele, der Walliser habe einen Scherbenhaufen angerichtet.

Armin Walpen (58), Walliser, hatte gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zeit als SRG-Chef. Er gehört der CVP an, die bei Walpens Wahl mit Arnold Koller und Flavio Cotti auf zwei Schwergewichte im Bundesrat zählte; nach Jahren als Generalsekretär im Justizdepartement, das laut Insidern er und nicht sein Chef Koller führte, kannte Walpen den Politbetrieb aus dem Effeff; als Ex-Gegenspieler von Radiopionier Roger Schawinski galt er als Medienkenner. Nach seiner Wahl bluffte Walpen: «Die SRG kann etwas leisten für dieses Land. Ich bin überzeugt davon, dass dieses Land im Wirken der SRG widerspiegelt werden kann.»

Und nun das: Die Schweiz erkennt sich nicht mehr in der SRG. «Der Homo sapiens mag vielleicht nicht zu einer maximalen Einschaltquote verhelfen», sagte Bundesrat Moritz Leuenberger an der SRG-Feier zum 75-Jahr-Jubiläum, «aber er schafft eine verlässlichere Bindung als der Homo zappiens.» Nur wenn die Programme mehr Tiefgang statt Show böten, würden der SRG auch Gebühren gebühren. Keine 24 Stunden später liess die Regierung Taten folgen. Statt 6,5 Prozent bewilligte sie nur 2,5; Hans-Rudolf Merz und Christoph Blocher wollten gar eine Nullrunde.

«Walpen hat eindeutig an Macht und Einfluss verloren», sagt einer, der aus seiner Tätigkeit die Befindlichkeiten in Parlament und Verwaltung gegenüber der SRG kennt. Ein Ex-SRG-Kadermitglied kritisiert: «Walpen hat es sich mit seinem aggressiven Auftritt mit allen Meinungsmachern verdorben.» Und der Ex-Radiodirektor Andreas Blum meinte in einer Rede mit Blick auf TV-Chefin Ingrid Deltenre: «Selbst eklatante Fehlentscheide bleiben in der SRG folgenlos.»

Folgt aus der Kritik, dass Walpen überfällig ist? Nein. Nicht einmal SRG-Dauerkritiker Maximilian Reimann, SVP-Ständerat aus dem Aargau, fordert dessen Kopf, sondern prangert das System SRG an. «Zum Glück hat es endlich Schiffbruch erlitten.» Der Gebührenentscheid weise die SRG erstmals in Schranken. Reto Nause, Generalsekretär von Walpens CVP, sieht den SRG-Chef nicht als «lame duck». «Viel fordern, einen Teil erhalten, so läuft das Spiel bei allen Service-public-Anstalten.»

Walpen kämpfe zu Recht für die Interessen der SRG, nimmt ihn Hans-Jürg Fehr in Schutz. Hingegen erkennt der SP-Präsident in Walpens Auftreten Nachteile. «Die SRG wird als elefantöses Gebilde wahrgenommen, er verstärkt diesen Eindruck.» Franz Egle, Ex-Sprecher von Cotti und heute Kommunikationsberater, ist ein langjähriger Bekannter von Walpen. Auch er kennt dessen Lobby-Stil, der im Berner Politbetrieb zu reden gibt. «Doch Walpen ist trotz Gebühren-Nasenstüber und seinem teilweise machtvollen Auftreten bei allen Parteien immer noch unumstritten als SRG-Chef.» Und wie reagiert der Vielkritisierte? «Mit Klischees und Vorurteilen muss man in meiner Position leben können.»

Der Apparatschik

«Da kann man von Wasserkopf sprechen»: Für SP-Präsident Hans-Jürg Fehr, der Armin Walpen insgesamt als erfolgreichen SRG-Generaldirektor bezeichnet, ist die Berner Zentrale überdimensioniert. «Jeder Bericht und jede Stellungnahme kommen in beeindruckender Qualität daher. Ein bisschen weniger wäre gut genug.»

Ein Gesprächspartner, der anonym bleiben möchte, geht mit Walpens Holding harscher ins Gericht: «Da werden Mandate vergeben, Arbeitsgruppen eingesetzt, Steuerungsgremien beauftragt, Berichte verfasst, Entscheidungsanträge vorbereitet und Diskussionen in der Geschäftsleitung geführt, statt dass einer mal entscheidet.» Die Folge sei ein aufgeblähter Apparat, doch das passe zu Walpen, der seine Karriere fast ausschliesslich in der Verwaltung gemacht habe.

In einem Bericht beziffert die Eidgenössische Finanzkontrolle die Kosten der Holding mit ihren 62 Stellen auf 150 Millionen Franken. Ein Moloch? «Falsch», sagt Armin Walpen, «die 62 Stellen machen weniger als ein Prozent des SRG-Personalaufwands aus.» Die 150 Millionen hätten grösstenteils nichts mit den Leuten in der Zentrale zu tun, sondern seien Sammelpositionen für die gesamte SRG.

«Boliden-Armin»

Schon zu seiner Zeit als Generalsekretär des Justizdepartements pflegte Walpen mit einem luxuriösen BMW der Siebnerreihe durch Berns Strassen zu kurven. Genauer: Er liess sich kurven. Meist war der Chefbeamte mit Chauffeur unterwegs. Aber erst nach dem Sprung auf den SRG-Chefsessel, von CVP-Parteifreund und Ex-Bundesratsvizekanzler Achille Casanova geschickt orchestriert, geriet Walpen wegen Autostorys auf dem medialen Boulevard bös ins Schleudern. Als bekannt wurde, dass sein privater Porsche Cayenne mit Gebührengeldern finanziert worden war, geriet der grossspurige Generaldirektor unter Generalverdacht. «Im Dschungel SRG kontrolliert sich König Walpen praktisch selbst.» Er sei kritikfähig, sagt Armin Walpen, «aber es schmerzt, wenn Angriffe nicht der Sache, sondern der Person gelten».

Der Star-Beamte

Walpens Vorvorgänger Leo Schürmann sei mit den politischen Entscheidungsträgern geschickter umgesprungen als der jetzige Generaldirektor, sagt ein Mediendepartement-Kader. «Schürmann fand beim Bundesrat offene Türen vor und konnte so für seine Anliegen werben.» Heute will die SVP die SRG-Gebühren massiv kürzen, und Walpens CVP ist ein Schatten ihrer selbst. Nicht diplomatisch hinter den Kulissen zu verhandeln, sondern sich medial ins Scheinwerferlicht zu stellen, ist dagegen Walpens Strategie.


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